Zoë Schlär ist seit fast 20 Jahren Mediatorin und versteht sich als Übersetzerin in Konfliktsituationen – sowohl im Beruflichen als auch im Privaten. Zudem ist sie Ausbilderin für Mediation, Trainerin und Systemischer Businesscoach. Für Creme Guides schreibt sie über festgefahrene Situationen, neue Begegnungsräume und das gegenseitige Verstehen, um nachhaltige Veränderung zu erreichen.
Es gibt Momente im Leben, die sich anfühlen, als würde der Boden unter den Füßen weggezogen. Eine Trennung, das Ende einer Ehe, ist genau so ein Moment. Zuerst ist da der Schock, eine Mischung aus Schmerz und Taubheit. Es ist, als würde man durch dichten Nebel gehen, ohne zu wissen, was vor einem liegt. Jeder Tag fühlt sich wie ein Kampf an, und man fragt sich, wann der Schmerz endlich nachlassen wird und wie ein Blick nach vorn jemals wieder möglich sein kann.
Am Anfang herrscht Chaos oder ein Abrutschen in ein scheinbar bodenloses Tief. Alte Wunden werden aufgerissen und gleichzeitig entstehen neue Verletzungen. Ist das der Mensch, in den ich mich einmal verliebt hatte? Wer bleibt in der Wohnung? Hätte ich die Beziehung irgendwie retten können? Und wenn ja, wie? Wie sagen wir es den Kindern? Emotionale und rein praktische Fragen stehen sich im Weg und behindern sich gegenseitig bei der Beantwortung.
In diesen Zeiten ist es wirklich hilfreich, jemanden an der Seite zu haben, der unterstützt, aber auch sortiert. Was muss wann geklärt werden? Wofür brauchen wir jetzt eine Lösung, und was kann im Laufe der Zeit entschieden werden? Es stellt sich auch die Frage: Brauche ich Unterstützung für mich oder brauchen wir gemeinsam jemanden, um nach Antworten zu suchen?
Beide Seiten brauchen auf jeden Fall eine gute Freundin oder einen guten Freund. Und es braucht auch eine Anwältin oder einen Anwalt, wenn es um eine Scheidung geht. Aber braucht es auch: Eine zweite Anwältin? Eine Therapie für mich? Eine Erziehungsberatung? Eine Mediation? Ein Coaching? Für mich? Für uns?
Jedes Ende einer Beziehung ist individuell und anders. Dennoch gibt es in vielen Trennungsprozessen ähnliche Themen zu besprechen, und es lassen sich oft ähnliche Phasen erkennen: Nach dem Schockmoment wird die bevorstehende Veränderung oft verleugnet. Danach wechseln sich Wut, Frust und Verhandlungen ab. Trotzdem rutscht die Stimmung erst einmal auf einen Tiefpunkt, bevor Neues ausprobiert wird und schließlich der Umbruch angenommen und in das Leben integriert wird.
Wir können beobachten, dass es unmöglich ist, die Zukunft zu gestalten, solange wir noch Ärger verspüren und mit Groll beschäftigt sind. Während wir nach Erklärungen für das Ende suchen, orientieren wir uns an der Vergangenheit. Erst, wenn wir das Tal der Tränen durchschritten haben und beide Seiten akzeptieren, dass der gemeinsame Lebensabschnitt vorüber ist, können wir wieder aktiv und selbstbestimmt einen Weg in die Zukunft ebnen.
Eine Begleitung von außen kann dabei sehr unterstützend sein. Welche Form die richtige ist, hängt von der jeweiligen Situation ab, aber vor allem von dem Leidensdruck einerseits und dem Wunsch und der Bereitschaft, die Umstände für alle zu verbessern.
Ein positives Ende nach einer Trennung bedeutet nicht, dass man den Schmerz vergessen oder die Vergangenheit verdrängen muss. Vielmehr geht es darum, Frieden zu schließen – mit dem, was war, und mit sich selbst. Es bedeutet, den anderen loszulassen, ohne Groll, ohne Schuldgefühle, sondern mit Akzeptanz dessen, was kommt. Es ist die Chance, sich selbst neu zu entdecken, alte Muster hinter sich zu lassen und mutig in die Zukunft zu blicken. Man erkennt, dass das Leben nicht linear verläuft und dass jeder Umweg und jeder Stolperstein uns letztendlich irgendwie weiterführt.