Seit März führt Hertha eine Fernbeziehung. Mit ihrem Herrchen Nils. Aber da ist sie nicht alleine, mir geht es genauso. Die Berufswelt hat meinen Partner an neue Ufer verschlagen, genauer gesagt an das Rheinufer nach Düsseldorf. Da Hunde in seinem neuen Job nicht im Büro willkommen sind, muss Hertha unter der Woche auf ihn verzichten und ich bin alleinerziehend.
Die Umstellung ist ihr ziemlich schwer gefallen. In den ersten Tagen nach Nils Umzug hat sie mich immer ganz früh geweckt, damit ich sie aus dem Schlafzimmer rauslasse. Sie musste checken, ob er nicht vielleicht über Nacht wieder aufgetaucht ist und im Wohnzimmer, in der Badewanne oder der Waschmaschine schläft. Nach erfolgter Kontrolle hat sie sich dann bedröppelt wieder hingelegt und weitergeschlafen.
Abends nach der Arbeit das gleiche Prozedere: schon im Fahrstuhl war sie ganz von der Rolle. Er könnte ja jetzt Zuhause sein. Ganz aufgeregt rannte sie in die Wohnung und suchte alles nach ihm ab. Und kam danach mit enttäuschter Miene zurück zu mir. Die Arme, nur der langweilige Micha ist da. Fast hätte ich es persönlich genommen.
Die gute Nachricht ist: es wurde von Tag zu Tag besser. Und am Wochenende war er dann ja auch plötzlich tatsächlich wieder da. Und Hertha glückselig. Zumindest bis Montag, da ging dann das gleiche Spiel von vorne los. Mit der Zeit hat sie sich aber wirklich daran gewöhnt und gecheckt, dass er eben mal für eine paar Tage weg ist. Und sie sich keine Sorgen machen muss, ob er zurück kommt.
Wir haben uns auch ganz gut miteinander arrangiert als temporäres Zweiergespann. Hertha muss sich nicht ständig zwischen zwei Schößen entscheiden. Ich habe sie dazu gebracht, morgens länger zu schlafen. Hertha hat – wenn sie möchte – einen ganzen Sessel im Wohnzimmer für sich alleine. Ich mache die meiste Erziehung alleine und muss etwas strenger sein, aber das schadet ihr sicher nicht. Aber ausgesucht hätte ich mir das so natürlich nicht. Es ist nicht nur praktischer, wenn man sich die Hertha-Orga teilen kann, sondern auch schöner.
Die Fernbeziehung bringt jedenfalls einige neue Abenteuer für Hertha mit sich. Wie Zugfahren. Ungefähr einmal pro Monat fahren wir zwei mit der Bahn nach Düsseldorf. Hertha hat dafür extra eine Reisetasche von Sonnenberg bekommen. Die hat genau die maximale Größe, die sie auch fürs Mitreisen in der Flugzeugkabine haben darf. Ist also ziemlich klein. Viel bewegen kann sie sich darin nicht.
So richtig warm geworden ist Hertha mit der Tasche noch nicht. Die obere Luke zu schließen kommt bisher gar nicht in Frage. Das sieht die Bahn zum Glück nicht ganz so eng – im Gegensatz zu den Fluggesellschaften. Die Flugbedingungen müssen wir also noch etwas üben. Bis dahin eben Bahn. Ist ja auch ökologisch korrekter. Und Hertha hat die besseren Aussichten. Etwas häufiger Aussicht auf den Rhein und etwas seltener auf die Spree – und wir lassen uns überraschen, was uns der Fluss des Lebens noch so bringt.