Zoë Schlär ist seit fast 20 Jahren Mediatorin und versteht sich als Übersetzerin in Konfliktsituationen – sowohl im Beruflichen als auch im Privaten. Zudem ist sie Ausbilderin für Mediation, Trainerin und Systemischer Businesscoach. Für Creme Guides schreibt sie über festgefahrene Situationen, neue Begegnungsräume und das gegenseitige Verstehen, um nachhaltige Veränderung zu erreichen.
Es ist Montagmorgen, und Sarah sitzt in ihrem Homeoffice. Ihr Magen verkrampft sich beim Gedanken an das bevorstehende Team-Meeting. Seit Wochen schwelt ein unausgesprochener Konflikt mit ihrer Kollegin, der sich in passiv-aggressiven E-Mails und unterschwelligen Kommentaren ausdrückt. Was als kleine Meinungsverschiedenheit über ein Projekt begann, hat sich zu einer belastenden Atmosphäre entwickelt, die ihr buchstäblich den Schlaf raubt.
Sarahs Geschichte ist keine Ausnahme. Ob im Büro, in der Familie oder in Freundschaften – Konflikte sind ein universeller Bestandteil unseres Lebens. Dabei unterschätzen wir oft, wie hoch der Preis dafür ist. Unser Körper ist ein sensibler Seismograf für zwischenmenschliche Spannungen. Chronische Konflikte versetzen uns in Dauerstress und treiben unseren Cortisolspiegel in die Höhe.
Die Folgen sind häufig Schlafstörungen, Verdauungsprobleme und ein geschwächtes Immunsystem. Was im Kopf beginnt, zeigt sich schließlich auch in unseren Zellen – die emotionale Last wird zur körperlichen Bürde. Das ist besonders tückisch, denn Konflikte wirken wie ein schleichendes Gift.
Anders als bei einem gebrochenen Arm oder einer Grippe sind die Symptome zunächst subtil. Wir funktionieren weiter, ignorieren die innere Unruhe, die wiederkehrenden Kopfschmerzen, die zunehmende Erschöpfung – bis der Körper irgendwann deutlichere Signale sendet.
Der Konflikt am Arbeitsplatz beeinflusst unser Wohlbefinden auch privat, so wie unsere Erschöpfung durch familiäre Spannungen sich negativ auf unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit auswirken kann. Wenn es schlecht läuft, geraten wir in einen Teufelskreis: Konflikte und zwischenmenschliche Spannungen auf der einen Seite, Erschöpfung und körperliche Beschwerden auf der anderen.
Die gute Nachricht ist: Es gibt einen Ausweg aus dieser Spirale. Der erste Schritt ist, den Zusammenhang zu erkennen. Wenn wir verstehen, dass Körper und Psyche in ständigem Austausch stehen, können wir bewusster mit Konfliktsituationen umgehen.
Sarah hat diesen Schritt gewagt. Nach Wochen der inneren Qual hat sie ihre Teamleiterin um ein Gespräch gebeten. Es war kein einfacher Weg, aber er hat sich gelohnt. Nicht nur wurde der Konflikt entschärft – auch ihre Migräneattacken sind seitdem deutlich seltener geworden.
Vielleicht liegt genau darin eine Chance: Konflikte als Wegweiser zu sehen. Als Signale von Körper und Seele, die uns zeigen, wo wir hinschauen und was wir verändern müssen. Denn eines ist klar: Ein Leben ganz ohne Konflikte gibt es nicht. Aber wir haben es in der Hand, wie wir damit umgehen – und welchen Preis wir bereit sind, dafür zu zahlen.
Am Ende geht es nicht darum, Konflikte um jeden Preis zu vermeiden, sondern sie als das zu erkennen, was sie sind: Chancen für persönliches Wachstum und ein tieferes Verständnis. Sowohl für uns selbst als auch für andere. Und manchmal ist genau diese Erkenntnis der erste Schritt zur Heilung – körperlich wie seelisch.