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Kommunikation Wenn Worte Brücken bauen

Dienstag, 13. August 2024
Advertorial

Über die Autorin

Zoë Schlär ist seit fast 20 Jahren Mediatorin und versteht sich als Übersetzerin in Konfliktsituationen – sowohl im Beruflichen als auch im Privaten. Zudem ist sie Ausbilderin für Mediation, Trainerin und Systemischer Businesscoach. Für Creme Guides schreibt sie über festgefahrene Situationen, neue Begegnungsräume und das gegenseitige Verstehen, um nachhaltige Veränderung zu erreichen.

Es gibt Momente im Leben, in denen wir uns wünschen, Worte wären einfache Werkzeuge. Doch was, wenn jedes Wort eine eigene Geschichte erzählt, je nachdem, wer es hört? Im Büro, wo täglich Ideen und Meinungen aufeinandertreffen, kann diese Vielfalt an Interpretationen schnell zum Stolperstein werden. Da sitzt man dann gegenüber den Kolleginnen und Kollegen und spürt, wie die Atmosphäre sich verändert – so subtil, dass es fast unmerklich ist. Ein Blick, ein Satz, und schon beginnt der unsichtbare Tanz der Missverständnisse. Ein Tanz, der schnell eskalieren kann, wenn er nicht erkannt und unterbrochen wird.

In einer solchen Situation fand sich neulich das Team einer großen Agentur wieder, mitten in einem Teammeeting, das so harmlos begann wie jedes andere. Die Stimmung war anfangs noch entspannt, der Raum gefüllt mit leichten Unterhaltungen und dem Austausch über den vergangenen Urlaub. Doch dann fiel ein Satz, der die gesamte Dynamik veränderte. "Ich verstehe nicht, warum das immer so lange dauert," donnerte die Chefin in die Runde. Der Raum wurde still, und es war, als würde jeder nach einer passenden Antwort suchen. Es blieb aber still, und es wurde unangenehm.

Das, was wie eine simple Frage klang, löste bei allen etwas anderes aus. Plötzlich fühlte sich Herr Rot angegriffen, als würde er persönlich für die Verzögerungen verantwortlich gemacht. Frau Blau hingegen hörte heraus, dass die Chefin noch einen langen Tag vor sich hat und dadurch gestresst ist. Frau Gelb schnappte sich direkt einen Stift und machte sich bereit, die Sitzung zu beginnen und Protokoll zu führen. Herr Grün hingegen saß ratlos da und fragte sich, wie spät es denn wirklich war.

Ein simpler Satz, vier verschiedene Interpretationen – und ein Team, das plötzlich in spürbaren Spannungen gefangen war. Einer hört vor allem auf der Beziehungsebene und fühlt sich dadurch persönlich angegriffen, während der Kollege nach einer Sachinformation sucht. Die eine Kollegin versucht zu erkunden, wie es der Chefin geht und was sie über sich selbst aussagt, während die andere eine Aufforderung hörte und sich bereitmachte, etwas Konkretes zu tun. Und genau in dieser Vielschichtigkeit liegt die Herausforderung.

Die Chefin, die den Satz äußerte, meinte vielleicht nur den Sachinhalt: „Warum dauert es so lange?“ – eine schlichte, vielleicht sogar neugierige Frage. Aber auf der Beziehungsebene kam bei allen anderen etwas ganz anderes an: „Du bist schuld!“ oder „Ihr seid unfähig!“. Und dann noch der Appell: „Beeilt euch doch mal!“ Und zuletzt die Selbstoffenbarung: „Ich bin frustriert.“ Wir hören alle stets auf unterschiedlichen Ebenen, es ist jedoch die Frage, welches Ohr wir am meisten geschult haben, welches Ohr am größten ist, und das hat oft gar nichts mit der eigentlichen Botschaft zu tun.

In einer Welt, in der wir ständig miteinander kommunizieren, ob bewusst oder unbewusst, ist es entscheidend, diese Dynamiken zu verstehen. Nicht jedes Wort ist nur das, was es zu sein scheint. Und manchmal braucht es ein wenig mehr Bewusstsein, ein wenig mehr Empathie, um zu verstehen, was gesagt wird – und was gehört wird. In angespannten Situationen ist es daher hilfreich, das Gehörte abzugleichen und nachzufragen, was wirklich gemeint ist.

Worte können Brücken bauen – wenn wir uns die Zeit nehmen, sie richtig zu verstehen. Und manchmal, wenn wir Glück haben, kann ein vermeintlicher Konflikt zu einem Katalysator für Wachstum und Verständnis werden. Es liegt an uns, ob wir diesen Weg einschlagen oder in der Falle der Missverständnisse hängenbleiben. Denn am Ende des Tages geht es nicht nur darum, was wir sagen, sondern vor allem darum, wie wir zuhören.

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