Dienstag bis Samstag 17.30-23 Uhr
Sonntag 17-23 Uhr
Osmans Töchter
Pappelallee 15
10437
.Anfahrt planen
Wielandstraße 38
10629
Am Anfang sollte es gar kein klassisches Restaurant werden. Kein Abendgeschäft und vor allem nicht die Pappelallee: „Niemals!“, lachen Arzu und Lale wie aus einem Mund. Das Universum wollte es anders: „Man kann’s gar nicht in Worte fassen, aber wenn man irgendwo reinkommt… Entweder man sieht es oder man sieht es nicht“, fasst Lale zusammen. Nun: Arzu und Lale sahen es. Seit 2012 betreiben die beiden Frauen, die übrigens keine Schwestern sind, wie viele denken, die zwei Restaurants Osmans Töchter im Prenzlauer Berg und in Charlottenburg.
Dabei hatte keine von ihnen Gastronomie-Erfahrung. Lale ist Schauspielerin, Arzu hat BWL studiert. Aber sie haben eine Vision: gute türkische Hausfrauenküche für Berlin. Dabei geht es nicht um Gastronomie der Gastronomie willen, sondern darum, die türkische Küche so zu repräsentieren, wie sie in Wirklichkeit ist: reich, vielfältig und regional unterschiedlich. Als sie beginnen, gibt es in Deutschland und Berlin immer nur die Standards, immer die selben Sachen, immer 08/15. Dazu oft noch schlecht gemacht. Für Lale ist glasklar, "wenn man das gut macht, dann ist das ein Selbstläufer.“ Sie erklärt: „In unserer Kultur ist Kochen ein Ausdruck von Liebe.“ Kochen, Gastgeben und Essen haben einen großen Stellenwert und sind eine Art, sich gegenseitig Wertschätzung entgegenzubringen.
Essen ist auch ein gesellschaftliches Event. Arzu ergänzt, dass ihre ganze Familie immer zum Essen zusammengekommen ist: „Meine Mutter hat mittags für uns gekocht und abends. Und wenn wir Besuch hatten, dann wurde richtig aufgetischt.“ Dann stand Arzu schon um 9 Uhr mit Mutter, Schwester und Vater in der Küche. Trotzdem entdeckt sie ihre Begeisterung für die türkische Küche erst später während ihrer Instanbul-Reisen, das damals schon ein regelrechtes Food-Mekka war. „Davor war das für mich normal – eben das, was Mama mir kocht“, erinnert sie sich, „Das war für mich selbstverständlich. Aber wenn meine Freunde das Essen von meiner Mama gegessen haben, meinten sie: ‚Mein Gott, warum gibt es das nicht‘. So fing auch die Idee mit dem Kültür Dinner an.“
Unter diesem Motto veranstaltete Arzu Pop-up Dinners, bei denen türkische Hausfrauen richtig gut türkisch kochen, zu Anfang ihre Mutter und Tante. Bis heute werden die Vorbereitungen für beide Restaurants von Mamas, Tanten und Hausfrauen mit unterschiedlichsten internationalen Wurzeln erledigt. Sie alle haben zwar keine professionelle Kochausbildung, aber jahrelange Erfahrung vom Kochen für ihre Familien. Sie fertigen auch die Meze aus dem Osmans Töchter Onlineshop. Während des regulären Restaurantbetriebs grillen und braten die Köche dann nur noch à la minute.
Ein eigenes Restaurant zu führen ist ziemlich anstrengend. Im türkischen gebe es ein Sprichwort: Wenn du jemanden verfluchen willst, rate ihm dazu, ein Restaurant zu eröffnen. Dennoch lieben die „Osmans Töchter“ ihren Beruf. „Man muss das Gastgebersein wirklich lieben, sonst funktioniert das nicht.“ Bei Lale switcht etwas um, sobald sie in Kontakt mit den Gästen kommt, sie ist dann wie auf einer Wolke. Obwohl man durchaus belastbar sein muss, die Freude hilft dabei, einiges auszuhalten.
Aushalten müssen sie als Chefinnen vieles: Gerade in den immer noch männlich dominierten Küchen ist der Umgangston grob. Da ist es als Chefin manchmal schwierig, Dinge durchzusetzen und ernstgenommen zu werden. Weil Frauen oft einen anderen Ton und Umgang mit Menschen an den Tag legen, wird von ihnen auch mehr erwartet: Mehr Verständnis, mehr Fürsorge, mehr Toleranz, mehr Empathie. „Wenn wir es nicht sind, kommen die ganzen negativen Eigenschaften“, fasst Arzu zusammen. „Ich würde ganz grundsätzlich sagen, dass Frauen immer bewertet werden und, dass es Adjektive gibt, die es für Männer nicht gibt“, ergänzt Lale.
Statt bestimmend, gilt man als frustriert oder aber als zu weich, wenn man zu viel lacht, wird man nicht ernstgenommen. „Mir sind schon ganz, ganz schlimme Adjektive über uns zu Ohren gekommen, bei denen ich mir dachte: Sowas wird ein Mann niemals hören und man wird ihn niemals so bewerten!“ befindet Lale. Arzu gibt auf Anhieb ein Beispiel: Manche männliche Chefs ließen sich von ihrem Personal hofieren, das würden sie nie zulassen, weil sie wissen, wie viel zu tun sei. Schon von klein auf würden Mädchen darauf getrimmt, freundlich und zuvorkommend zu sein und keine Umstände zu verursachen.
Als weibliche Vorgesetzte könnten Arzu und Lale sich nicht so verhalten, wie männliche. Dabei seien Frauen oft die sozialkompetenteren Menschen. „Das fliegt einem aber um die Ohren, wenn man Chef wird“, meint Lale. Nicht nur ihre Mitarbeiter würden sie anders behandeln, weil sie Frauen sind, sondern auch einige Dienstleister, die von starken und selbstständigen Frauen nichts halten. „Die denken dann, sie können uns etwas unterjubeln und uns irgendwie über den Tisch ziehen. Bei einem türkischen Mann würden sie sich das nicht trauen“, weiß Arzu. Damit einen adäquaten Umgang zu finden ist hart. Das ginge so weit, dass manche Frauen, die in sogenannten Männerdomänen arbeiten, sich das Lächeln abgewöhnen, damit sie ernstgenommen werden.
„Der direkte Kontakt hat uns immer wieder Mut gegeben weiterzumachen“, schwärmt Arzu. Das Feedback, wie lecker und toll alles ist, lässt viel Ärger verfliegen. Lale stimmt zu: „Im Kontakt mit den Gästen sieht man sofort, was die eigene Arbeit bewirkt und das gibt einem einfach ein schönes Gefühl.“ Immerhin sind beide geborene Gastgeberinnen und lieben, was sie tun.