Dienstag bis Donnerstag 17-23 Uhr
Freitag + Samstag 17-0 Uhr
WILDLING Restaurant & Bar
Laudongasse 8
1080 Wien-8. Bezirk
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Zur Begrüßung bekommen wir knusprige Kartoffelfocaccia mit Butter, eingelegtes Gemüse mitsamt einem Gläschen hausgemachter Bloody Mary und schon diese kleinen Appetizer zeigen sehr schön, worum es im Wildling geht: Um alte Kulturtechniken wie Fermentation und Resteverwertung, um den respektvollen Umgang mit Mensch und Natur, um Liebe zu gutem Essen und kulinarische Experimentierfreude.
Die bei der Herstellung der Focaccia übrig gebliebenen Kartoffelschalen werden geröstet, zerbröselt und anschließend mit der Butter aufgeschlagen (So gut! Ich würde es pur löffeln, wenn es keine Butter wäre.) Auch die im aufgebrauchtem Kimchi-Glas verbleibende Flüssigkeit wird nicht entsorgt, sondern als würzige Zugabe in den Bloody Mary gemischt. Und das Gemüse für all diese Leckereien – das stammt von befreundeten Kleinbetrieben aus dem Wiener Umland, die ausschließlich mit samenfestem Saatgut arbeiten.
Gegründet wurde das Wildling von drei Freunden, die schon lange vom eigenen Lokal träumten und nun – Lockdown hin oder her – nicht mehr warten wollten. „Regionalität und Saisonalität sind für uns kein Marketing, sondern der Standard, ohne den wir nicht arbeiten wollen,“ sagt Geschäftsführer Manuel Künz. Das Wilding ist eines dieser Restaurants, wo man sich über Nachfragen freut und der Service geduldig über Herstellung und Herkunft der Speisen informiert.
Wie genau die dreierlei Variationen vom Sellerie zubereitet wurden. Woher die Pilze für das vegane Szegediner Gulasch stammen (von den Wiener Pilzbrüdern, die ihre Schwammerl im Altbaukeller anbauen). Warum man sich beim Fleischgericht für den Herzzapfen entschieden hat, einen second cut, der nur selten auf dem Teller landet. Der Grund: Er hat eine festere Struktur als die oft bevorzugten Filetstücke – „Bissl was zum kauen“, wie Manuel augenzwinkernd sagt.
Geschmacklich steht das Fleisch dem Filet in nichts nach: Vor allem, wenn es wie hier mit wildem Brokkoli und Kaffee-Jus serviert wird, für die – Stichwort Resteverwertung – der alte Kaffeesatz verwendet wurde. Damit nicht genug: Barchef Stefan Stefanescu verwendet ihn außerdem für seinen Kaffee-Kombucha, den er – wie fast alle Getränke – im Untergeschoss des Lokals selbst zubereitet.
Statt industriell produzierter Ware gibt es hausgemachte Limonaden, Tonics, Kefir und Kombucha. Die Getränkekarte ist umfassend und überraschend: Neben bereits erwähnter Kimchi-Bloody-Mary gibt es unter anderem Karotten-Ringelblumen-Spritzer und einen Old Fashioned mit Ferment-Zwetschke.
Ein Besuch im Wilding empfiehlt sich auch für all jene, die einfach Lust auf einen guten Drink haben – wer dann doch Hunger bekommt, bestellt einfach ein paar Kleinigkeiten: Alle Speisen kommen in Tapas-Größe. Da ich an chronischer Entscheidungsschwäche leide, liebe ich diese Konzepte: Alles bestellen, worauf man Lust hat, in die Mitte stellen, teilen und diskutieren, was am besten schmeckt.
Nach und nach füllt sich unser Tisch mit immer mehr Schälchen: Karotten mit Grünkohl und Kürbiskernmayo, Chili Blumenkohl auf Rahmkraut und fermentiertem Rettich, gebackener Emmentaler und – mein Favorit – scharf angebratene Kohlsprossen mit Haselnüssen und Senfkaviar. Dicht gefolgt von den Bratkartoffeln, die von schaumiger, mit schwarzem Knoblauch angemachter Hollandaise begleitet werden.
Der Gemüsefokus ist kein Zufall: Passend zum Nachhaltigkeitsgedanken ist die Auswahl an veganen und vegetarischen Happen groß, Fleisch und Fisch spielen eine (gelungene) Nebenrolle. Es sind einfache Gerichte, angelehnt an österreichische Klassiker, die durch handwerkliche Präzision und kreative Tricks zu geschmacklichen Highlights werden.
Zum Abschluss gibt es mit Nüssen gefüllten Bratapfel – winterliches Comfort-Food – und Topfenschmarren samt Rhabarberkompott – „der erste der Saison, den haben wir uns gleich gesichert!“ Der Frühling klopft an und in der Küche tüftelt Chefkoch Wernher Schörkmayr schon an Spargel- und Bärlauchkreationen. Manches von der bisherigen Winterkarte darf bleiben: Als leidenschaftlicher „Krautfleckerl-Lobbyist“ hat sich Manuel dafür eingesetzt, dass die Nudelspeise das ganze Jahr über auf der Karte steht.
Trotz der hohen Ansprüche was Nachhaltigkeit, Regionalität und saisonale Zutaten betrifft, soll das Wildling ein Ort für unverkrampften Genuss und Lebensfreude sein. Passend dazu wird es auch immer wieder Veranstaltungen geben – von Fermentations-Workshops über Bier & Food-Pairing bis hin zu Kunst, Jazz und Cabaret. Eine wilde Mischung, die Spaß macht.