Als ich Vidoni, den einzigen Artikel über Eis auf creme wien, entdeckte und las, dass die Chefredakteurin Cathleen Behrends kein großer Eisfan sei, verstand ich die Welt nicht mehr. Wie kann man kein Eis mögen? Ich würde sofort jede Mahlzeit eintauschen gegen eine dieser kalten, zartschmelzenden Versuchungen.
Und irgendwie fühlte ich mich auch bei meiner Ehre gepackt. Klar hat Wien tolle Eisdielen! So kam es, dass ich mich ein paar Tage später auf mein Rad schwang, um meine Lieblingseissalons aufzusuchen und einige, die ich noch nicht kannte.
Ich bin bei Eis sehr konservativ; habe ich mich erst einmal in eine bestimmte Art Eis verliebt, ist es schwierig mich dazu zu bewegen, mal ein anderes Eis zu probieren. Diesmal mache ich eine Ausnahme!
Eissalon De Pellegrin Hierher führt mich mein Weg zuerst. Ein kleiner, fast unscheinbarer Eissalon im siebten Bezirk. Ich höre, dass dieses Eisgeschäft schon seit 90 Jahren im Besitz der Familie De Pellegrin ist. Den Sorten "Ribisel" – zu hochdeutsch: Johannisbeere – und "Düfte des Orient" kann ich nicht widerstehen. Das Fruchteis ist unbeschreiblich gut im Geschmack. Ich habe das Gefühl, Ribiseln direkt vom Strauch zu naschen. Fruchtig, frisch und nicht zu süß. Die cremige Sorte hingegen ist zart exotisch, hätte nach meinem Geschmack aber sogar noch mehr an Gewürzen vertragen. Ich schmecke allerdings die feinen biologischen Zutaten wirklich heraus. Auch bei den Sorten Mohn und Blutorange! Meine Favoriten hier sind eindeutig die Fruchteissorten.
Schelato heisst der Eissalon im achten Bezirk, den ich als nächstes ansteuere. Zwei junge Männer haben ihn im März 2015 eröffnet und sich ganz dem Eis Experiment verschrieben. Sie verwenden wesentlich weniger Zucker und Bindemittel als üblich. Nicht ohne Grund nennen sie das, was sie machen "Eishandwerk". Egal welche Sorte ich auch koste, ob Mandel mit Safran-Marille, Pfirsich mit rosa Pfeffer, gesalzenes Karamell oder Guave, um nur einige zu nennen, - jede Sorte ist ein Geschmackserlebnis. Keine (wie man hierzulande sagt) pickige Süße, nicht zu fett, sondern richtig stimmig. Leider muss ich mich zurückhalten, denn ich habe ja noch einiges vor. Aber hierher komme ich sicher bald wieder!
Weiter geht es auf dem Rad, hinein in die Innere Stadt.
Eissalon Tuchlauben ist der wohl bekannteste Eissalon in Wien und befindet sich im ersten Bezirk in der gleichnamigen Straße. Hier war ich schon als Kind mit meinen Eltern bei fast jedem Innenstadt-Besuch im Sommer. Gegründet 1962 von der Familie Perizzolo, erlebt man hier echte italienische Tradition. Und einen Besuch hier ist man als Wiener der Adresse irgendwie schon fast schuldig. Belohnt wird dieser dann mit sehr guter Qualität und Eis auf hohem Niveau. Genauso, wie man sich klassisches italienisches Eis eben vorstellt. Sehr cremig, eher süß und die typischen Eissorten. Eine bekannte Spezialität ist Nougat. Wann immer man einen guten Eis-Cup essen möchte, ist man hier richtig.
Ferrari Natural Gelato befindet sich ebenfalls im ersten Bezirk, allerdings einmal quer hindurch auf der quasi gegenüberliegenden Seite in der Nähe der Oper. Eröffnet im Frühjahr 2014 und leider erst im Sommer darauf von mir entdeckt. Der Besitzer Piero Viscovich, gebürtiger Triester, nennt sein Geschäft liebevoll "Eismanufaktur". Er verwendet ausschließlich biologische, hochwertige Zutaten wie zum Beispiel Haselnüsse aus dem Piemont, Mandeln und Zitronen aus Sizilien, Schokolade aus Belgien. Das Eis wird in sogenannten Pozettis gelagert, damit es nicht austrocknet. Jedoch sind die Sorten deutlich und gut sichtbar auf einer großen Tafel beschrieben. Und egal, ob "Crema Lilli" (Frischkäse mit Heidelbeeren – und mein ultimativer Favorit!), "Gionduia" (klassisches Nougat), "Cremino Aurora" (Espresso) oder einfach nur "dunkle Schokolade" - jedes Eis ist so gut, dass man am liebsten täglich kommen möchte. Kein Wunder, dass man hier die Eissorten nur pur bekommt, keine Cups. Das ist mir persönlich sowieso am liebsten. Himmlisches Eis, pures Vergnügen.
Paolo Bortolotti im siebten Bezirk auf der Mariahilferstraße statte ich auf meinem Heimweg noch einen kurzen Besuch ab. Da ich beim besten Willen kein weiteres Eis mehr kosten kann, nehme ich mir meine Lieblingssorten "Haselnuss" und "dunkle Schokolade" einfach mit für daheim. Morgen ist ja auch noch ein Tag! Die Gelateria ist seit vielen Jahren der "Hauseissalon" meiner Familie, da wir so nahe wohnen. Es gibt sie seit mehr als 50 Jahren in Wien, mittlerweile schon mit mehreren Filialen. Auch hier wird mit Naturprodukten, ohne Färbemittel und Geschmacksverstärker gearbeitet. Die Sorten sind eher klassisch wie Haselnuss, Fiocco und Nutella sowie alle gängigen Obstsorten, jedoch durchweg in hervorragender Qualität. Die Gäste erwarten sich hier große Eiscup-Variationen - und die bekommen sie in gleichbleibend hoher Güte. Schon seit Jahren.
Meine beiden Favoriten auf dieser Rad-Runde von Eissalon zu Gelateria sind mit Abstand Schelato und Ferrari Natural Gelato. Ich bevorzuge kleine, feine Eisdielen ohne Pomp und Trara und brauche keine üppigen Cup-Kreationen. Eis pur macht mich glücklich, denn ich möchte jede Sorte unverfälscht genießen.
Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden, und Wien bietet Eis für alle! Vielleicht treffen wir uns ja in diesem Sommer noch in dem einen oder anderen Eissalon auf eine dieser kalten Köstlichkeiten.