Montag bis Samstag: 10.00 - 18.00 Uhr
J. & L. LOBMEYR GmbH
Kärntner Straße 26
1010 Wien-1. Bezirk
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Kaum ein Wiener Haushalt, der etwas auf sich hält, in dem sich nicht ein paar Gläser der alteingesessenen, ehemaligen k.u.k. Glasmanufaktur Lobmeyr finden lassen. Es gibt vielleicht nicht "den" Wiener Klassiker von Lobmeyr, aber die schlichten Wassergläser der Serie "Alpha", die mir immer wieder auf Wiens gedeckten Tischen begegnen, zähle ich dazu.
Mit Ehrfurcht und berechtigtem Stolz führt mich Leonid Rath, einer der geschäftsführenden Gesellschafter der immerhin sechsten Generation, durch die Familien- und Unternehmensgeschichte. Denn beides ist nicht voneinander zu trennen.
Der prädestinierte Ort für unseren Streifzug ist das erste Stockwerk des Traditionshauses J. & L. Lobmeyr Wien an der Kärntner Straße. Denn hier stehen die "Referenzstücke", auch "Mustersammlung" genannt. Viel zu wenig Glamour nach meinem Dafürhalten, denn die Sammlung ist beachtlich!
Obwohl mir die schönen schlichten Trinkservices ein Begriff waren; dass der beeindruckende Lüster der Metropolitan Opera in New York von Lobmeyr stammt, erfahre ich erst heute. Und ebenso, dass er in diesem Jahr seinen fünfzigsten Geburtstag feiert. Dieses Ereignis wird auf der Vienna Design Week im Herbst noch gebührend gewürdigt werden.
Bevor wir uns unter unzähligen imposanten Lüstern an der Decke hindurch unseren Weg nach oben bahnen, wird mir noch ein Espresso ausgeschenkt; prompt in einem kleinen Becher meiner Lieblingsglasserie "Alpha". Heißes im Glas? Ich staune, und Herr Rath klärt mich auf: Gerade das hauchdünne Musselinglas - in Anlehnung an den französischen Seidenstoff - sei äußerst biegsam und widerstandsfähig. Bleiglas zerbreche viel schneller. Aha!
Leonid ist der Herr über die Gläser; nichts, was er nicht darüber weiß. Und doch wird immer noch weiter geforscht. Was wohl auch daran liegt, dass der hohe Anspruch, den die zweite Generation begründet und damit den Grundstein für den ungebrochenen Erfolg des Familienunternehmens gelegt hat, bis heute als allerhöchste Verpflichtung empfunden wird. Und sich nicht zuletzt in der unvergleichlichen Qualität widerspiegelt.
Die Brüder Josef und Ludwig, die beiden Söhne des Gründers Ludwig sen., waren grafisch gut ausgebildet. Als k.u.k. Hoflieferanten haben sie viele Lüster und Gläser für den kaiserlichen Hof und andere Königshäuser wie Preußen oder Liechtenstein entworfen.
Und ihr eigenes Logo: Etwas, das es bis dahin so nicht gab! Über ihren Initialen J.l.L. liegt quer ein W, das für Wien steht. Darunter firmiert das Unternehmen bis heute. Wenngleich sich der Name der Inhaberfamilie geändert hat, nachdem der Sohn von Ludwigs Schwester, eine verheiratete Rath, die Geschäfte übernommen hatte.
Besonders Ludwig zeichnete sich durch hohe Kreativität und Schaffenskraft aus, obwohl er zeit seines Lebens unter gesundheitlichen Problemen litt. "Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt", so beschreibt Leonid seinen Urgroßonkel und sinniert, dass vielleicht genau darin der Schlüssel für sein besonderes Talent gelegen haben könnte.
Ludwig hat bahnbrechende Erfolge erzielt und unzählige Entwürfe hinterlassen, von denen viele noch bis heute gefertigt werden. Wie zum Beispiel die zeitlos elegante Trinkglasserie No. 4 aus dem Jahre 1856 – ein echter Klassiker! Er war auch Mitbegründer des MAK und sei dem Werkstoff Glas immer mit viel Respekt begegnet, weiß Herr Rath zu berichten.
Ganz im Gegensatz zu Josef Hoffmann, der mit seinen gewagten Entwürfen das Glas bis an seine Grenzen bearbeiten ließ und damit erheblich zur Weiterentwicklung beigetragen hat. Die Zusammenarbeit mit den Künstlern der Wiener Werkstätten hat überhaupt für viele bemerkenswerte Entwürfe gesorgt, von denen so einige im MAK und sogar im MoMA New York ausgestellt sind. Und natürlich auch hier in der Kärntner Straße.
Die Liste namhafter Designer, die für Lobmeyr entworfen haben, ist lang und wird immer länger. Die Ideen scheinen der Familie Rath jedenfalls nicht auszugehen, egal ob wunderschöne Trinkgläser oder beeindruckende Lüster. Wie der eine, topaktuelle Retrolüster, entworfen von Leonids Cousin: Den würde ich mir am liebsten gleich selbst in meine Wohnung hängen!