Mit dem Hôtel du Couvent in den Hügeln der Altstadt von Nizza wurde einem Kloster von 1604 neues Leben eingehaucht. So behutsam, so schön, so abgeschirmt und dennoch mittendrin, wie es kaum vorstellbar wäre, gäbe es nicht einen neue Geschichten und die Gegenwart liebenden „Kloster-Vorsteher“, Valéry Grégo.
Eine Meeresfrüchte-Etagere und meine wunderschöne Freundin, neidisch machen wollte sie mich mit diesem Selfie. Eine kleine Auszeit kürzlich in Südfrankreich, in einem niedlichen Boutiquehotel in der Altstadt von Cannes. Ja, ein wenig Neid kam natürlich auf.
Jedoch: Wäre sie meinem Rat gefolgt und hätte sich im nahen Nizza einquartiert – wir haben eine herrliche Weile lang nahebei in der Provence gelebt und kennen unsere „alte Heimat“ fast wie unsere Westen- oder eher Handtasche –, sie würde, klar, mächtig schwärmen. Zudem aber wäre sie inzwischen ein Quell großer und kleiner Geschichten.
Berichten würde sie über die Klarissinen, die 1604 ein Kloster gegründet hatten, das später, ab 1803 bis in die 1980er-Jahre von anderen Nonnen, den Visitandinen, bewohnt wurde. Schmunzelnd gäbe sie die Geschichte einer mittellosen italienischen Gräfin zum Besten, deren Esstisch Jahrhunderte später ein neues Domizil in Frankreich gefunden hat.
Mit „was ein beseelter Visionär“ würde sie die gegenwärtige Episode beginnen. Und über einen intellektuellen, designverliebten, geschichtsbewussten Hotel-Entrepreneur, nennen wir ihn Valéry Grégo, nun auch „Kloster-Vorsteher“. Auf den Altstadt-Hügeln von Nizza hat er mit dem Hôtel du Couvent nicht einfach nur ein weiteres Hotel eröffnet, vielmehr hat er damit einen Ort geschaffen, vor dem selbst die globale Luxus-Connoisseurschaft die Sommerhüte zieht.
Kein zweites Burj Al Arab in einer 6-Sterne-Übertrumpfungs-Kategorie an der Côte d’Azur, keine zur Schau gestellte Dekadenz, vielmehr das Gegenteil ist der Fall. „Couvent“ bedeutet „Kloster“. Grégo hat das alte Klasissinen-Kloster fit gemacht. Eigentlich kein Novum. Klöster mit Beherbergungscharakter kennen wir, sowohl mit einer noch existenten Ordensgemeinschaft oder gänzlich dem Weltlichen zugeschlagen.
Aber ein Kloster als Hideaway mit leisem Luxus, erschaffen von bekannten Designern und Innenarchitekten, bei dem jedes so kleinste Detail von wahrer Hingabe zeugt? Dafür steht eben nur das Hôtel du Couvent.
Ein ganzes Jahr lang haben die fleißigen Enthusiasten eine Sammlung von rund 1000 Fundstücken zusammengetragen, zusammengefügt und im Zuge der sensiblen Restaurierung, die vor zehn Jahren begann, neue Standorte dafür gefunden. Überall im alten, neuen Gemäuer mit seinen sich dem Meer hin öffnenden 88 Gästezimmern und Apartments zeigt er sich, der gute Geschmack, fügen sich die antiken Exponate wie selbstverständlich ein und mischt sich das Klösterliche mit dem Charme klassischer Grand Hotels und Zeitgeist, der jetzt schon für die nächsten mindestens 400 Jahre steht.
Der gräfliche Esstisch erwacht im Esszimmer zu neuem Leben, als Gemeinschaftstafel. So wie die Nonnen es einst hielten, man speist (auch) gemeinsam. Hier nun weit köstlicher. Mit täglich frisch gebackenem Brot aus der hauseigenen Backstube, dessen Mehl nach alter Klostertradition vor Ort gemahlen wird. Küchenchef Thomas Vetele „wildert“ sozusagen im eigenen Garten. Es gibt einen eigenen Bauernhof (!), einen eigenen Kräutergarten – nebst einem Kräuterkundler Gregory Unrein. Klöster und Weine, schon immer miteinander verbunden – im Weinkeller lagern 3.500 geistreiche Flaschen.
Auch der Garten, an der Grundstückspforte ahnt man nichts von seiner Größe (2,5 Hektar), wurde behutsam zu neuem Leben erweckt. Eine abgeschimte meditative und mediterrane, unter Denkmalschutz stehende Oase ist entstanden, mit vielen alten Pflanzenarten, mit Oliven-, Feigen, Orangen-, Zitronen- und Aprikosenbäumen, unter denen man wandelt.
Schlendern unter der Sonne Südfrankreichs – innerhalb und außerhalb der Klostermauern. In wenigen (und auch mal mehr) Minuten gelangt man zum Meer, zu verschiedenen Stränden. Doch der klösterliche Pool lockt ebenfalls, ein Schwimmbecken, sehr schmal, dafür 20 Meter lang. Baden in Kunst und Kultur, ebenfalls fußläufig nah liegen das Musée d’Art Moderne et d’Art Contemporain, das Musée Matisse und das Musée National Marc Chagall.
Um der Seele des Hauses, dem Geist von Klöstern überhaut näherzukommen, hat Valéry Grégo in Archiven gewühlt, fast ein Dutzend Klöster besichtigt. Nichts grundlos adaptieren ist eines seiner Credos. Man kann einem Luxushotel einen Spa hinzufügen, einfach so. Man kann aber auch, wie er es getan hat, die Badetradition der alten Römer eben hier aufleben lassen. Die antiken Mannen waren bekanntermaßen in Südfrankreich unterwegs.
Auf dem Hügel Cimiez in Nizza finden sich die Überreste römischer Thermen – die Tradition wird nun im Hôtel du Couvent mit dem Bäder-Trio aus wohltemperierten „Tepidarium“, heißen „Caldarium“ und kalten „Frigidarium“ fortgeführt. Womit wir wieder bei meiner Freundin wären. Hätte sie keinen Samstag als Rückflugtag gewählt, ich hätte sie trotz ihres Quartiers in Cannes noch ins Kloster-Hideaway schicken können.
Am Samstagmorgen öffnen sich die Tore des Hôtels du Couvent fürs Marktgeschehen, findet dann im Innenhof ein lokaler Bauernmarkt statt, für die Einheimischen, für Reisende und, dann eben im nächsten Sommer (besser noch, gleich diesen Sommer, Côte d’Azur zum Zweiten) für meine wunderschöne Freundin.