Letztens entdeckte ich eine Eisdiele, die es schon ewig gibt, ich aber noch nicht auf dem Radar hatte. Klassen’s Eis, seit 1951 (!) in Kleinmachnow, seit vier Jahren auch in Berlin-Charlottenburg. Michael Klassen, der junge Chef, der die Familientradition des Eismachens ungemein kreativ fortsetzt, riet zu seiner neuesten Sorte „Profumo de Sicilia“. Da schmecke man ganz Sizilien, die dortigen Zitrusfrüchte und Nüsse, die er selber röste. Und: Er hatte Recht, Sizilien in der Waffel, besser geht es nicht.
Doch. Wenn man das Eis auf Sizilien genießen würde. Etwa im Städtchen Syrakus an der Südostküste, das sehr lange das kulturelle Zentrum Siziliens war und vom Schriftsteller, Philosophen und Redner Marcus Tullius Cicero als „größte und schönste aller griechischen Städte“ beschrieben wurde. Das ist zwar schon über zweitausend Jahre her, damals gehörte sie zum griechischen Reich, doch eine Schönheit ist das seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Syrakus immer noch.
Eis essend durch die Altstadt mit ihren vielen Palästen, Plätzen, Kirchen und kleinen Gassen bummeln, die auch noch eine ungewöhnliche Lage hat. Sie befindet sich auf einer Insel, ist über drei Brücken erreichbar. Wie schön wäre es, dort für ein paar Tage zu wohnen. In einer charmanten kleinen Herberge inmitten des Zentrums und zudem ganz nah am Mittelmeer.
Wie der von Ronan und Hanawa, einem Paar aus Paris, das sich so in Sizilien und Syrakus verliebt hat, dass sie im historischen Zentrum ein schmales Stadthaus aus dem 18. Jahrhundert als Familienprojekt erworben und unter dem Namen Lùme Ortigia zu einem, mit gerade einmal sechs Gästezimmern kleinen, und sehr besonderen „Home away from home“ gestaltet haben.
Kein übliches Boutique-Hotel, keine übliche Herberge. Ein Zuhause auf Zeit, ungemein familiär und individuell. Man sieht es, man fühlt es. Den zweijährigen Umbau, inklusive dem Einbau einer Mini-Wellness-Oase mit Dampfbad und Massage-Raum, haben sie dem lokalen Architekten Antonio Burgo anvertraut.
Den Stil, das Interieur aus Antiquitäten, lokalem Handwerk, Bädern mit alten Marmor-Waschbecken und modernen Fliesen, Lieblingsstücken aus der ganzen Welt wie den indischen Kantha-Decken, hat Hanawas Cousine Prune eingebracht. Ihre Farbwelt: Sanfte und intensive Töne verbinden sich zu einer Einheit, die in sich leuchtet – „lùme“ bedeutet Licht.
Betritt man das Haus an der Via Larga Nummer 30, könnte man meinen, in einem Riad, einem traditionellen marokkanischen Haus, zu sein. Der Hof, der „innere Garten“ empfängt einen mit üppigen Grünpflanzen einem schachbrettartigen Boden und der offen Treppe, die hinauf auf die Terrasse führt.
In der Ferne sieht man den Ätna. In dessen Nähe wird der Kaffee geröstet, den Ronan und Hanawa zum Frühstück servieren. Das übrigens, wie sie sagt, gänzlich aus „sizilianischen Gourmetschätzen“ besteht. Wäre da Marmelade aus Tarocco-Orangen oder Kumquats, die ebenfalls in der Nähe des Vulkans wachsen, Nektar aus Zitronen und Wurst aus der Region. Aus Bronte kommen Pistazien, das grüne Gold Siziliens. Serviert auf wunderschöner handbemalter Keramik, die man, das verrät das Paar, im Lädchen vis-à-vis kaufen kann.
Und wenn man beim morgendlichen Blick über die Ziegeldächer der Altstadt und auf das tiefblaue Mittelmeer sich tatsächliche Restaurant-Geheimtipps geben lässt und dabei noch den hausgebackenen Kuchen genießt, tun sich Parallelen auf. „Profumo de Sicilia“ ist ein Eis, ist wie ein Frühstück im Lùme Ortigia, ist einfach der Duft Siziliens.