Donnerstag bis Sonntag
Ab 18.30 Uhr
Wilde Klosterküche
Bahnhofstrasse 18
15898 Neuzelle
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Wenn sorgfältig ausgewählte Zutaten frisch und regional sind, dann sprechen, nein, dann schreien sie für sich selbst. Und in der Wilden Klosterküche in Neuzelle ist dieser Schrei laut. So laut, dass man ihn bisweilen bis nach Berlin hören kann. Das taten wir zumindest und so machten wir uns vor Kurzem auf den Weg. Fast bis an die polnische Grenze nach Neuzelle zu Anne Hensel und Manuel Bunke in die Wilde Klosterküche.
Letzterer hat die ganze Welt gesehen, arbeitete lange in Berlin. Und jetzt eben wieder hier. In der Heimat. „Ich wollte nie wieder zurück in die Heimatgegend“, gesteht Manu, „aber ich hab‘ mich einfach auf Anhieb in dieses Haus verliebt.“ Was soll man sagen, wir verstehen es. Das alte Gutshaus umgeben von ein paar Gästezimmern und einem üppigen Garten gehört dem Vater von Anne und wurde vor ein paar Jahren liebevoll in Stand gesetzt. Jene kümmert sich um das charmante Design und Marketing der Wilden Klosterküche. Außerdem springt sie ein, wenn mal Not an der Frau ist.
Der Chefkoch indes macht sich daran, hier in Neuzelle eine moderne Art der Küche zu etablieren. Deutlich angelehnt an die Nordic Cuisine lässt er regionales Gemüse auf dem Teller glänzen, arbeitet mit alten Techniken, dem ganzen Tier und Hand in Hand mit Landwirt:innen der Region. Dabei wirft er den Blick selten auf Produkte, die außerhalb des 50 Kilometerumkreises liegt – zumindest was die Zutaten angeht.
Und so werden wir mit fruchtig-bitterem Dill- und Leinöl und Butter zum Sauerteigbrot empfangen. Das Bier stammt natürlich direkt aus der Klosterbrauerei Neuzelle. Clean und süß ist die Kohlrabi, gespickt mit Vogelmiere: „Die Wildkräutergeschichte verbindet. Dann sieht man hier Oma und Opa, wie sie sich das ansehen und sagen, schau, das haben wir auch im Garten“, erläutert Chefkoch Manuel etwas später.
Herzhafter kommt indes der Blumenkohl à la Polonaise daher. Dazu gibt es Ei von um die Ecke, Brösel, Sellerie, fermentierte Senfsaat, Hollandaise „und ganz viel Liebe“, schmunzelt Manuel, der uns einige unserer Gänge an diesem Abend höchst persönlich kredenzt. Wir haben einen Eindruck, wo es hingeht.
Weiter geht es mit verschiedenen Strukturen von Roter Bete sowie selbst gemachtem Ziegenfrischkäse und Ziegenmilchgelee. Die erdige Rote Bete Würfel zerschmelzen förmlich im Mund, dazu kokettiert die frisch gehobelte Bete mit einer willkommenen Säure.
Ein absolutes Highlight ist uns das Hirschtatar mit Steinpilzeis und Braune Butter-Maltodextrin, aufgegossen mit einem Pilztee. Hinter Blutwurst und Zwiebel verbirgt sich – klar und köstlich – der Klassiker: Tote Oma mit einem aufgespritzten Kartoffelpüree aus dem Syphon. Luftig leicht konterkariert es die gehaltvolle Blutwurst aus eigener Herstellung.
Äußerst fein auch das Kalbsfilet mit geschichteter und gebackener Kartoffel, das irgendwie an Kindertage erinnert und insbesondere der frische Büffelricotta mit einem herrlich sauren Büffelmilcheis, Honig und Knäckebrot – auch jener Gang ruft ein wohlig-heimeliges Gefühl hervor.
Und das passt doch irgendwie zu dem weit gereisten Manuel, der mittlerweile wieder in Neuzelle angekommen ist. Er habe das Glück gehabt, dass seine Chefs ihn oft weiterempfohlen hätten. Knappe neun Jahre war er dadurch an zahlreichen Orten der Welt unterwegs: erst Garmisch, dann Österreich, Finnland, Schweden, irgendwann Australien, Fiji und zuletzt Berlin. Nun eben Neuzelle.
Das junge Team der Wilden Klosterküche bringt frischen Wind: „Alle schimpfen immer, wir haben keine Leute, aber keiner will selbst ausbilden,“ fasst Manu zusammen. Das sei hier anders: „Wir bilden hier wirklich aus. Die [Azubis] müssen hier wirklich gleich am Anfang an den Gast ran, kriegen regelmäßig Weinschulungen. Die Köche müssen ganze Tiere zerlegen, machen Leberwurst und Blutwurst selber, kochen Gelatine.“
Auch das ein Grund für das gute Standing, das man sich hier in Neuzelle und in der Umgebung inzwischen erarbeiten konnte: Respekt für traditionelle Verarbeitungstechniken, Beziehungen mit Produzent:innen vor Ort – und eben für die Region.
Keinesfalls verzichten sollte man beim Besuch der Wilden Klosterküche übrigens (wenn es geht) auf den Gin. Aromatisiert mit Leinsamen und Fallobst ist er super smooth und auch pur ein großer Genuss. Allein deshalb empfehlen wir auf jeden Fall über Nacht zu bleiben und sich am nächsten Tag gegebenenfalls noch das Kloster Neuzelle und die Gegend anzuschauen. Eine durchweg gelungene Landpartie.