Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine macht es momentan schwer an etwas Anderes zu denken, Europa sieht sich in einer Kriegssituation, Deutschland stellt der Bundeswehr ein „Sonderbudget“ von 100 Milliarden Euro zur Verfügung, niemand weiß, was noch passieren wird. Greenpeace sprach von 500.000 Menschen, die letzten Sonntag in Berlin für den Frieden auf die Straße gingen.
Ein Grund dafür ist auch, dass es sich bei den Ukrainer:innen um Europäer:innen und kaukasische Menschen handelt. Mit heller Haut und blauen Augen, wir fühlen uns ihnen näher, es fühlt sich „schlimmer“, „echter“ an, richtig? Dass derzeit auch in Äthiopien, Jemen, dem Gaza Streifen, Taiwan und Libyen Krieg herrscht, der mit für uns unvorstellbaren unerträglichen Grauen und täglichem Leid verbunden ist... Seien wir mal ehrlich, wie sehr (be)trifft uns das sonst im Alltag?
Deswegen möchte ich hier, bevor es mit der Kunst weitergeht, an unsere in der Ukraine ansässigen PoC (People of Color) Schwestern und Brüder erinnern, die genauso auf der Flucht sind, aber an Grenzübergängen zurückgelassen und bei ihren Versuchen, öffentliche Verkehrsmittel zu besteigen, diskriminiert werden. Ein Bürger berichtete sogar, dass ihm und seiner Familie der Zutritt zu einem Bus verweigert wurde, der auf dem Weg zum Grenzübergang war, weil man ihnen sagte: „Keine Schwarzen“. Mal ehrlich, können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem weißen Ukrainer:innen, also Europäer:innen jemals Asyl verweigert werden würde? Die Antwort kennen wir alle.
(Die Ukraine zählt mit 20 Prozent zu den 10 Ländern mit den meisten ausländischen Student.innen. Es handelt sich vor allem um Afrikaner:innen, die aus Marokko, Nigeria und Ägypten kommen.)
Nähere Details zu den einzelnen Orten finden Sie über das Anklicken der orange markierten Namen!
Geheimtipp Kunst im Corbusierhaus
Kommen wir nun zum Corbusierhaus und der Ausstellung, die es noch bis Mitte März dort zu sehen gibt. Es ist die erste einer Trilogie, und diese hier dreht sich ganz um Vögel. Warum gerade dieser Ort und diese Gruppenausstellung besonders gut geeignet ist, um sich dieser Tage einmal ganz bewusst vom Weltgeschehen zu entfernen, erzählen wir nachfolgend in Listenform, denn Listen beruhigen und sind übersichtlich und das können wir zurzeit alle gut gebrauchen:
- Das unter Denkmalschutz stehende Corbusierhaus, das eigentlich Unité d'Habitation heißt, ist architektonisch einzigartig in Berlin und wurde von Charles-Édouard Jeanneret, bekannt als Le Corbusier im Jahr 1958 fertiggestellt. Corbusier war ein schweizerisch-französischer Architekt, Designer, Maler, Stadtplaner, Schriftsteller und ein Pionier der modernen Architektur. Das bunte Hochhaus hat über 500 Wohnungen und war von Anfang an für seine soziale Mischung bekannt, ein Novum in dieser privilegierten Wohnlage (Charlottenburg-Westend)
- Der Grunewald (wie wäre es vor der Ausstellung mit einem Spaziergang im kühlen, ruhigen Wald?) und das Olympiastadion (architektonisch auch immer einen Besuch wert) liegen in unmittelbarer Nähe. Außerdem ist die Ausstellung nur sonntags geöffnet, gibt es einen besseren Tag für eine Auszeit?
- Der Ausstellungsraum C834, eine ehemalige 3-Zimmer-Wohnung, ist aus einer privaten Initiative des Architekten Peter Ottmann entstanden. Ottmann wollte einen Raum für Austausch und zeitgenössische Kunst schaffen und so mischen sich hier Nachbar:innen aus dem Haus (wie cool ist das denn?), internationales Architekturpublikum und Kunstliebhaber:innen.
Verhaltensforscher:innen Familie Heinroth
Die Ausstellung zeigt zum Beispiel unter anderem das historische Bildarchiv der Verhaltensforscher:innen Familie Heinroth die vom Künstler Edward Summerton um einige unheimliche und geheimnisvolle Kreaturen ergänzt wurde…
Denken Sie da auch sofort an Edgar Allan Poes Geschichte „Raven“ in der der Protagonist von einem Raben besucht wird, anfängt mit ihm zu sprechen, aber auf all seine Fragen immer dieselbe Antwort vom Raben bekommt, nämlich „Nevermore“?
Nein? Nun, die Geschichte geht so aus, dass sich der Mann so darauf fixiert und hineinsteigert, dass „Nevermore“nur bedeuten kann, es gibt keinerlei Zukunft, dass er den Verstand verliert, während der „Rabe“ sich in einen Dämon verwandelt hat. Bezüge zu unserer aktuellen Gemütslage, psychologischer Kriegsführung und das nie, nie endende Mediengeprassel auf allen Kanälen sind natürlich rein zufällig.
Wir schlagen also für die nächsten Sonntage einen Ausflug ins Corbusierhaus vor, Handy am besten auf Flugmodus und dann entdecken, was die erste Gruppenausstellung BIRDS der „Trilogy for the Neighbourwood: Birds/Trees/Air“ und das Corbusierhaus noch so zu bieten haben. Wie zum Beispiel den Sonnenuntergang, den man sich vom Balkon des C834 aus ansehen kann…. well, nothing beats nature...
Das C834 im Corbusierhaus ist sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Die Ausstellung „Trilogy for the Neighbourwood: Birds“ läuft noch bis 13. März und danach folgt die zweite der Trilogie: „Trilogy for the Neighbourwood: Trees".