Ein Hotel in der Wilhelmstraße 7? Oh ja, das gibt es. Seit April 2016 um genau zu sein und ein besonders schönes noch dazu. Selbst Anwohnern dürfte der dezente Schriftzug des Vilhelm7 und das Faktum, dass sich hinter der Gründerzeitfassade nicht nur eine Wohnanlage, sondern auch Hotel und Apartmenthaus verbergen, allerdings erst bei genauerem Hinsehen aufgefallen sein.
Genau das gehört mit zum Konzept der Betreiber des Hotels in Kreuzberg. „Wir verfolgen hier eine Form des sanften Tourismus, der übertriebener Gentrifizierung entgegenwirkt“, erklärt mir Mitinhaberin Yvonne Kevin beim Rundgang durch das Vilhelm7.
So sind dessen extrem geschmackvoll gestaltete Zimmer ausschließlich auf das Erdgeschoss des geschichtsträchtigen Hauses verteilt, in den Stockwerken darüber befinden sich Mietwohnungen, im Zentrum des Innenhofs ein kleiner Kinderspielplatz.
Doch nicht nur das Rahmenkonzept ist besonders, auch die Zimmer selbst strahlen etwas Außergewöhnliches aus. Fast hat man das Gefühl, der eigentliche Bewohner dieser Unterkunft auf Zeit sei nur kurz ausgeflogen, so individuell ist die Gestaltung jedes einzelnen Zimmers.
Dass keines exakt dem anderen gleicht, liegt natürlich daran, dass die jahrhundertealte Architektur des Gebäudes einen Teil der Richtung vorgab. Aber auch daran, dass Inhaberin Karenine Reber, die für das Gesamtkonzept des Vilhelm7 verantwortlich zeichnete, auch bei der Einrichtung mit sehr feinem Gespür Antikes und Neues kombiniert und auf besondere Akzente geachtet hat.
Ein Concierge-Fensterchen, das aus der Zeit rührt, als im Haus noch eine Knabenschule beherbergt war, wurde im jetzigen Hotelzimmer des Vilhelm7 kurzerhand zur Bar umfunktioniert. An den Wänden hängen nicht etwa Drucke, sondern echte Kunst. Die Badezimmerfenster sind mit Glasmalereien verziert, frische Blumen sorgen für zusätzliche Lebendigkeit.
Begeistert inspiziere ich Detail um Detail. In unserem Zimmer springt mir sofort der Lesestoff in Form von Zeitschriften und Büchern auf dem Fensterbrett ins Auge. Dazu eine Ecke mit feiner Teeauswahl, Kaffee sowie – Tatsache! – Gin. Alles bezogen von kleinen Berliner Manufakturen.
Diese Philosophie zieht sich bis hin zum Frühstück: Auch hier finden sich nach Möglichkeit nur Produkte lokaler Geschäfte auf den Tellern. Statt eines überladenen Buffets erwartet die Gäste eine fertig gedeckte Tafel in der offenen Küche.
Selbst zubereitetes Birchermüsli, frisches Obst, Tellerchen mit Käse und Schinken, ein Dreierlei aus Marmeladen sowie kerniges Vollkornbrot und fantastisch buttrige Croissants. Tee, Kaffee und Eierspeisen werden von dem kleinen Team für jeden einzeln und nach individuellem Wunsch dazu bereitet.
Erneut verstärkt sich bei uns das Gefühl, unseren Aufenthalt nicht einfach in einem Hotel, sondern bei ganz persönlichen Gastgebern zu verbringen. „Wir servieren hier nichts, was es nicht auch bei uns zu Hause geben würde“, erzählt Karenine Reber auch prompt.
Wir jedenfalls sind begeistert. Und verlassen Berlin nicht nur mit einer wertvollen Neuentdeckung, sondern gleich noch mit zahlreichen Einrichtungsinspirationen im Gepäck.