Ich meide sie wie der Teufel das Weihwasser, lasse sie nicht selten gleich wieder abräumen oder gar nicht erst auftischen. Stets drohen sie den Magen zu füllen, ehe ein Menü überhaupt begonnen hat und oft kann man sich ihnen, ob des ersten Hungers doch nicht entziehen. Sie können trocken und fad oder liebevoll angerichtet und himmlisch gut sein. In jedem Fall aber sind sie Segen und Fluch zugleich: die Brotkörbe auf den Tischen unserer Restaurants.
Und dabei bestimmt kaum etwas mehr den ersten Eindruck als sie. Sie sind die Verheißung auf alles was folgt. Ist das Brot enttäuschend, ist der Start holprig. Nicht ohne Grund also, beginnen die besten Küchen der Stadt bereits an dieser Stelle, Eindruck zu schinden und servieren das traditionellste all unserer Nahrungsmittel in seiner köstlichsten Form. Welchen Restaurants das unserer Meinung nach ganz besonders gut gelingt, sei hier in Folge kund getan...
Horváth. Das Sternerestaurant am Paul-Linke-Ufer offeriert seinen Gästen einen opulenten Brotkorb mit frisch gebackenen Brötchen aus dem eigenen Ofen und dazu einen Erdäpfelstampf von "roter Laura" mit brauner Butter und Röstkartoffelsalz. Von den "Langós", einem ungarischen Kartoffel-Hefeteiggebäck mit Knoblauch, über die Blunz’enbrötchen mit Blutwurst bis hin zu den Roggensauerteigbrötchen ist dabei eines besser als das andere. Alternativ gibt es auch ein hervorragendes glutenfreies Buchweizen-Leinsaatbrot mit herrlicher gesalzener Bio-Fassbutter von der "Gläsernen Molkerei".
Rutz. Gemäß der Devise "mehr Klasse als Masse" konzentriert sich die Küche für das Rutz Restaurant auf ein Kartoffel-Weizenbier-Brot mit Allgäuer Hirtenkäse, das jeder Gast frisch gebacken an den Tisch bekommt. Perfekt dazu: die Anisbutter, für die fünf unterschiedliche Anisaromaten zum Einsatz kommen. Später zum Käse werden ein Früchte Sauerteigbrot, ein Bananenbrot und eines aus Dörrfrüchten und Nüssen gereicht, welches durch den hohen Anteil an Früchten beinahe auseinander bröselt. Aber eben auch nur beinahe. Für die Rutz Weinbar wird nach einem Hausrezept Blutwurstbrot gebacken, das einem Soufflé ähnlich aufgeht. Dazu gibt es Doppelgebackenes Holzofenbrot mit einer unschlagbaren Kruste und ein Sauerteigbaguette. Ich selbst schätze auch das gluthenfreie Brot mit Gartenkräutern und Tomate. Herrlich aromatisch!
First Floor. Aus der "first floor" Pâtisserie kommen im Restaurant des Hotel Palace frisch gebackene winzige Brötchen und Brote wie Laugenstangen, Knäckebrot, Gewürzcracker und Tomaten-Oliven-Focaccia oder auch Bärlauch Brötchen, Rote Bete Brötchen und Joghurt-Curry Brötchen. Dazu wird eine frisch aufgeschlagene Butter vom Käse Affineur Bernard Antony serviert. Meine Favorit bei unserem Besuch waren übrigens die Focaccia und ein Currychip. Einfach superb!
Hugos. Das Küchenteam um Chefkoch Eberhard Lange hat Focaccia mit Zitronengremulata, Weißbier-Kartoffel-Brioche und Laugenhörnchen mit Meersalz eigens entwickelt und bäckt diese Prachtexemplare an Backwerk täglich frisch in der eigenen Backstube. Ergänzt wird die Brotvariation von einem mit der Bäckerei Ralf Pawlik entwickelten und dort gebackenem Sauerteigbaguette. Wunderschön präsentiert werden dazu eine Kürbiskernbutter und ein Kräuterquark in dunklen Keramikbechern mit einem Holzmesser serviert.
Herz & Niere. Auch bei Herz & Niere in Kreuzberg werden alle Brote, einschließlich diverser ganz hervorragender glutenfreier Varianten im hauseigenen Ofen gebacken. Vier verschiedene Sorten plus weitere drei glutenfreie konnten wir bei unserem Besuch zählen, darunter ein Malz- und ein Gewürzbrot sowie ein Roggenbrot und ein ganz hervorragendes Laugenbrot. Veredelt mit ein wenig aufgeschlagener Majoran-Butter der Himmel!
Skykitchen. Vier verschiedene Brötchen- und Brotsorten werden hier auf einem eleganten, schmalen Holztablett über den Dächern von Berlin gereicht. Namentlich: Speck-Zwiebel-Brötchen, Laugenbrötchen, Cheddarbrötchen und Vitalbrot. Täglich frisch vom Küchenteam zubereitet werden dazu aufgeschlagene gesalzene Butter und ein Paprika-Frischkäse-Dip gereicht. Im wahrsten Sinne des Wortes "himmlisch" sind vor allem das Laugen- und das Cheddarbrötchen.
Fischers Fritz. Auf einer üppig gefüllten silbernen Etagere wird im Zwei-Sterne-Restaurant des Hotel Regent Berlin eine imposante Auswahl traditionell gebackener Brote der vielbeachteten Niedersächsischen Bäckerei Gaues gereicht. Sauerteigbrot mit einer krossen dunklen Kruste, Brötchen mit langgezogenen Enden, wie ich sie noch nirgendwo sonst gesehen habe und einige andere Varianten, darunter auch eine lange Brotzunge mit Kräutern bestreut. Mehr als ein Stück eiskalter, gesalzener Butter braucht es dazu nicht.
Lula am Markt. Hier gibt es keine Sterneküche, dafür aber mit Sicherheit eines der besten Brote der ganzen Stadt. Täglich frisch von zwei schwedischen Sauerteigbäckern gebacken, wird es nicht nur in der angrenzenden Bäckerei verkauft, sondern auch knallfrisch an den zahlreichen Tischen des Restaurants serviert. Als Beilage zu Salaten und Suppen, zum Sandwich verarbeitet oder auch zu den köstlichen Frühsückskreationen.
Osteria Centrale. Ja, und dann gibt es da noch diese Orte, die ganz traditionell und wie seit jeher beim Italiener üblich, einfach nur Brot und Olivenöl reichen. Dieses aber in einer spitzenmäßigen Qualität wie beispielsweise in der Osteria Centrale in Charlottenburg. Wunderbar krosses und innen saftiges mit dicken Luftblasen durchzogenes Weißbrot mit einem ganz hervorragenden fruchtigen Olivenöl aufgetischt. Eigentlich braucht es gar nicht viel zum Glück!