Die Antwort ist einfach und komplex zugleich. Denn Kunst fungiert im besten Fall vor allem, wenn so reduziert und eindrücklich umgesetzt wie in der aktuellen Installation „Muscle Memory“ von Nina Canell in der Berlinischen Galerie als Denkanstoß.
Also ein Mittel zum Nachdenken, welches das innere Zusammensetzen und Erfassen von scheinbar abstrakten, nicht zusammenhängenden Realitäten, Stoffen oder Abläufen auslöst.
Wie in diesem Fall sieben Tonnen Muschelschalen, über die die Besucher*innen in besagter Installation laufen, und der anthropogenen Masse, die im wahrsten Sinne des Wortes dabei ist, unsere Erde zu verschlingen.
Wollen wir Sand unter den Füssen spüren und aufs Meer blicken, während die Sonne untergeht mit dem Wissen, dass die Ozeane weiterhin als unglaublich diverse und atemberaubend schöne Lebensräume existieren oder reicht uns der schöne (Sonnen-)Schein auf dem Wasser und blenden wir einfach aus, dass unter der Wasseroberfläche bald nichts mehr bleibt, außer dem Sand am Meeresboden?
All diese Gedanken schießen mir durch den Kopf, während ich vorsichtig über die knirschenden Muschelschalen gehe, die im Laufe der Ausstellungsdauer buchstäblich unter dem Körpergewicht der Besucher zermahlen werden.
Und da schließt sich auch der Kreis, denn „aus geschredderten Muscheln gewonnener Kalzit ist ein wesentlicher Bestandteil von Beton und damit Rohstoff für einen Großteil der Räume, die uns umgeben. Canells multisensorische Skulptur lädt dazu ein, über die unzähligen zerbrochenen Körper nachzudenken, die uns in Form von gebauter Materie täglich umgeben.“
Berlinische Galerie |
Alte Jakobstraße 124-128 | 10969 Berlin-Kreuzberg.„Muscle Memory“ von Nina Canell
noch bis 22. August 2022