Mittwoch bis Samstag 18-22 Uhr
(Abendbrot Mittwoch & Donnerstag, Fine Dining Mittwoch bis Samstag)
Tante Fichte Speiselokal
Fichtestraße 31
10967 Berlin-Kreuzberg
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Es gibt ein neues Konzept im Tante Fichte Speiselokal und doch eines, das mit altbekannten Elementen arbeitet. Mittwoch und Donnerstag wird hier in Kreuzberg neuerdings ein Abendbrot angeboten. Abendbrot? In einem Fine Dining Restaurant? Na klar!
Doch wer Graubrot mit Käse-Wurst-Variationen vermutet: weit gefehlt. Das Tante Fichte Abendbrot hat wenig mit der Deutschen liebstem Tagesausklang zu tun. Zum Glück! Stattdessen bleibt sich das Tante Fichte auch am Abendbrottisch treu: Küchenchef Dominik lässt sich auch hierbei von seinen kroatischen Wurzeln inspirieren.
Die rustikale, ehrliche Küche mit feinen Getränken dazu eignet sich ideal für den ungezwungenen Genuss – besonders wenn das Wetter wieder die Öffnung der hübschen Kreuzberger Terrasse erlaubt.
Entstanden ist das Abendbrotkonzept, welches man fast in Anführungsstriche setzen sollte, aus dem beschwipsten Lunch. Die Nachfrage nach den Gerichten des beschwipsten Lunches für den Abend war dennoch so groß, dass das Abendbrot unter der Woche Einzug gehalten hat. Eine volle Balkanerfahrung solle es sein und ein Kontrastprogramm zu der, natürlich nach wie vor das Tante Fichte auszeichnenden, Fine-Dining-Küche bieten.
Wir starten mit einem Mira-Tini, der, wie uns Inhaber Michael Köhle erklärt, eine Hommage an die Tante von Küchenchef Dominik ist, die das Team letzten Sommer in Kroatien bewirtet hat. Überraschend anders, frisch und leicht schmeckt dieser Sommerdrink aus Slivovitz, Feige und Lavendel, der mit Sekt aufgegossen wird.
Er stimmt uns damit wunderbar ein auf den Abend, an dem es, wie versprochen, etwas derber wird. Die erste Etappe machen Mini-Cevapcici aus Rehfleisch, die zusammen mit blanchierten Zwiebeln in einen Palatschinken gewickelt und mit Ajvar und Kajmak garniert werden. Erstklassiges Fingerfood zum Auftakt.
Nun wird unser Tisch gefüllt: Gemäß des Abendbrotkonzeptes, welches in vier Etappen – nicht Gängen – kommt (75 Euro pro Person) bleibt der Tisch nie leer. So erfreuen wir uns an einem Pohanni Kruh, einer Art French Toast mit Blauschimmelkäse, Holunderblütengelee und Staudensellerie. Die Pohanni Kruhs mit verschiedenen Toppings lassen sich, wie einige der anderen Gerichte ebenfalls, auch einzeln bestellen.
Dazu gibt es einen kroatischen, etwas zwiebellastigen Tatar mit Meeresfenchel von der Insel Pag, der durch Umaminoten überzeugt und uns sanft an den Balkan geleitet. Zweierlei Börek und mit Hackfleisch gefüllte Calamaretti sowie Brot und Frischkäse vervollständigen das Bild und natürlich stammt der Weißwein dazu ebenfalls aus Kroatien: Kalamita aus der Rebsorte Malvasia vom Weingut Ghira in Istrien.
Die nächste Etappe bildet die Sarma. Der fermentierte Kohl in der kroatischen Roulade verleiht dieser den Deutschen durchaus bekannten Gericht eine gewisse Würze. Die dicke braune Sauce ist zum Auslöffeln gut, dazu werden noch Kartoffelecken gereicht.
Ganz ohne Fine Dining kommen wir heute Abend dann aber doch nicht aus. Während das Abendbrot normalerweise noch einige weitere rustikale Teller bereithält, möchten Michael und Dominik uns nicht den Kern des Tante Fichte vergessen lassen.
Wir nehmen das natürlich gerne an und kosten den Brancin, Loup de mer mit blanchiertem Lauch, Püree aus Zitronenschalen, gerösteten Sonnenblumenkernen, Meerfenchel, Rahmsauce und Wildfond. Mir gegenüber gibt es die vegetarische Option aus Brandenburger Pastinake von Bauer Direkt, gegart im Schalensud aus Weißwein und Zucker, dazu ein Püree aus den Pastinakenabschnitten und eine Beberitzen-Emulsion. Beide Teller lassen sich, wie alle Gänge der verschiedenen Fine Dining Menüs (85 bis 125 Euro) auch einzeln bestellen.
Trotz wenig Raum im Magen bleibt aber dennoch Platz für das Dessert. Das kunstvoll angerichtete Dreierlei aus Zitrusfrüchten, Vanille und Mandeln schmeckt herrlich fruchtig, besonders die kandierte Kumquat. Dazu passt ein Gläschen süßen Rieslings von Fritz Haag aus der Mittelmosel wunderbar und der Abend war ein (genuss)voller Erfolg.
Rustikal und dennoch gehoben: So könnte das Tante Fichte für eine echte kleine Renaissance sorgen – eine Renaissance des Abendbrots. Gerade in dieser kroatischen Versions wäre das durchaus begrüßenswert.