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PalaisPopulaire Ein Interview mit der Kuratorin

Dienstag, 07. Juli 2020

Mit der Eröffnung des PalaisPopulaire im ehemaligen Prinzessinnenpalais Unter den Linden, wurde vor drei Jahren ein Ort geschaffen in dem das Engagement der Deutschen Bank in den Bereichen Kunst, Kultur und Sport seinen Mittelpunkt hat. Auch Literatur, Musik, Performance und Tanz haben ihren festen Platz im Angebot.

Einen besonderen Schwerpunkt bildet das immer frei zugängliche Vermittlungsprogramm, das regelmäßige Kinderworkshops beinhaltet, aber auch die Möglichkeit bei den PalaisTalks, Akteure aus der Welt der Kultur, Politik und Sport, sowie die Künstler*innen der Ausstellungen live kennenzulernen.

Wir haben uns mit Svenja von Reichenbach, der Leiterin des PalaisPopulaire unterhalten. Sie verantwortet das Programm und die Ausrichtung des Hauses, welches aktuell die Ausstellungen "TimePresen, Photography from the Deutsche Bank Collection" und natürlich "Christo and Jeanne-Claude: Projects 1963–2020" zeigt.

Knapp 60 Personen dürfen sich derzeit parallel im Haus aufhalten um beide Ausstellungen, die eigentlich im März eröffnet werden sollten, zu besuchen, erzählt sie uns. Beide Shows entsprechen der Ausrichtung des Hauses, immer eine Jahrespräsentation aus der Sammlung der Deutschen Bank neben einer internationalen Ausstellung und dem „Artist of the Year“ zu zeigen.

Christo im PalaisPopulaire Berlin_-3
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Nachdem es in diesem Jahr aus bekannten Gründen zu Verzögerungen gekommen ist, freut man sich jetzt umso mehr über die große Nachfrage bei Besuchern und der Presse. Während "TimePresent" noch bis ins nächste Jahr läuft, ist die Nachfrage bei Christo, der kürzlich verstarb, natürlich besonders groß.

Die Idee von Kunst für alle im öffentlichen Raum, die dabei immer von Christo und Jeanne-Claude selbstfinanziert wurde, machten ihre Großprojekte nicht nur weltweit einzigartig, sie bewiesen auch immer wieder aufs Neue eindrucksvoll wie sich Räume und Orte durch künstlerische Interventionen verändern, so Svenja von Reichenbach – und die Berliner erinnern sich!

25 Jahre ist es her, dass der Reichstag vom Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude verpackt wurde, ein spektakuläres Großprojekt von frei zugänglicher Kunst das bis ins Heute nachhallt. 5 Millionen Besucher bestaunten im Jahr 1995 über einen Zeitraum von zwei Wochen den "Wrapped Reichstag", der heute der Bundestag der Deutschen Regierung ist.

Berlin war damals Mittelpunkt der weltweiten Techno Bewegung, es war das letzte Jahr in dem die "Love Parade" auf dem Ku’damm stattfand, bevor sie 1996 endgültig zur millionenfach besuchten Großveranstaltung wurde. Bei der Kunstsammlung der Deutschen Bank setzte man, schon damals völlig unüblich am "Corporate Collection Mainstream" vorbei, wichtige Akzente in junger deutscher Gegenwartskunst.

In den letzten fast 40 Jahren wurde die Ausrichtung der Sammlung freilich immer internationaler und moderner. Durch das kontinuierliche Sammeln zeitgenössischer Positionen entstand eine lebendige Kunstsammlung großer Bandbreite mit über 55.000 Arbeiten, die über die ganze Welt verteilt ist.

Zeitgenössische Fotografie nimmt einen wichtigen Platz in der Sammlung ein wie die aktuelle Ausstellung "TimePresent" eindrucksvoll beweist. Sie entführt den Besucher auf eine Zeitreise zeitgenössischer Fotokunst, die über den Zeitraum von vier Jahrzenten gesammelt wurde. Neben Superstars wie Gerhard Richter und Hiroshi Sugimoto gibt es auch spannende Neuerwerbungen der Sammlung von Gauri Gill, Viviane Sassen oder Mathilde ter Heijne zu sehen.

Um das Besuchererlebnis zu intensivieren setzt das PalaisPopulaire als eine der ersten Institutionen in Europa auf künstliche Intelligenz (KI). Das mit IBM entwickelte Programm nennt sich MIA und ermöglicht dem Besucher, sich nach Herzenslust mit der KI über die Kunstwerke zu unterhalten und wirklich alles zu fragen, was man möchte. Hand aufs Herz, kennen sie alle Hintergründe zu Gerhard Richters Laufbahn?

Wer traut sich schon, vor versammelter Mannschaft Fragen zu stellen, die einen zwar als Kunstinteressierten aber doch als Laien entlarven? Da ist die Hemmschwelle, sich one on one mit MIA auszutauschen natürlich deutlich geringer, erzählt Svenja von Reichenbach lachend.

Die wahrlich sehr bewegte Geschichte des Hauses können die Besucher mit der sogenannten TimeMachine App mit Hilfe von Augmented Reality entdecken – los geht es mit den Anfängen als Stadtpalais der preußischen Königsfamilie über die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, den Wiederaufbau und die 1960er-Jahre in der DDR bis hin zum PalaisPopulaire wie wir es heute kennen.

Nach der Strategie gefragt, was die Planung für das restliche Jahr angeht in Zeiten von Corona, landen wir im Gespräch mit Svenja von Reichenbach wieder beim Grundgedanken, den Christos Kunst verfolgte. Wie lässt sich Kunst kontinuierlich frei zugänglich machen, analog im Original wie digital?

Alle neuen Erfahrungen, die nun durch das Corona Virus ausgelöst wurden, spiegeln sich schon jetzt im Herbst Programm in Form von einem noch breiteren internationalen Künstlerportfolio und digitalen Angebot von Führungen und Artist Talks wider. Es sind eben diese Erfahrungen, die für das PalaisPopulaire und sein Programm am wichtigsten sind, so Svenja von Reichenbach: aktuelle Strömungen im Diskurs zu begleiten und aufzuzeigen.

Tipp. Es gibt ein umfassendes Film-Programm im Atelier des PalaisPopulaire zu Christo zu sehen. Beispielsweise "Dem Deutschen Volke – Verhüllter Reichstag (Wrapped Reichstag) 1971–95, 1996" von Wolfram Hissen und Jörg Daniel Hissen, über die Verhüllung des Reichstages.

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