In Thüringen geboren, ist Steffen Sinzinger mehr als dankbar, dass es seine Familie 1992 von Meiningen nach Berlin zog. 12 Jahre war er damals alt und konstatiert heute, dass sein Leben ohne all die inspirierenden Eindrücke, die diese Stadt zu bieten hat, sicher eine ganz andere Entwicklung genommen hätte.
Koch ist er. Und seit sieben Jahren der Betreiber des Food-Magazins Berliner Speisemeisterei. Mit einer klassischen Ausbildung in einer Hotelküche begann sein Werdegang und bis heute sind sie sein liebster Arbeitsplatz. Hier gebe es so viele Facetten. Von der Bankettküche bis zum "Mise en Place". Vom Kochen bis zum Organisatorischen.
Immer wieder findet er sich daher in den Küchen der hiesigen Hotels wieder. Angefangen von der Bankettküche des InterConti Berlin, dessen ehemaliges Restaurant Zum Hugenotten, aus dem später das Hugos wurde, ihn inspirierte, zum "Mis en Place" zu wechseln.
Er kochte zehn Monate in Deutschlands vermeintlich bestem Offizierskasino in Berlin und ging anschließend ins Hotel Palace wo er vier Jahre unter Matthias Buchholz im Sternerestaurant First Floor arbeitete und schließlich Chef de Partie war, als er 2006 ins Restaurant Shiro i Shiro wechselte.
Das Konzept des Shiro i Shiro war damals wirklich einzigartig, schwärmt er noch heute. Tolle Gäste hatten wir. Aber die Lage erwies sich am Ende als ungünstig. Doch seine Zeit dort als Souschef war sehr lehrreich. "Ein Kulturschock war das anfangs für mich", erzählt er mir während des Interviews. "Hier war alles anders als in den Küchen, in denen ich zuvor gewesen war."
Als das Shiro i Shiro schließen musste, ging er zurück ins First Floor, wo er ein weiteres halbes Jahr, nun als Souschef, arbeitete. Dann kam sein Sohn auf die Welt und er wünschte sich weniger fordernde Arbeitszeiten. 2011 ging es für ihn ins Le Faubourg, wo er zweieinhalb Jahre als Küchenchef arbeitete und dem Restaurant des heutigen Hotel Sofitel eine eigene Handschrift verlieh.
In etwa zur gleichen Zeit begann Steffen Sinzinger zu bloggen. Der Film Julie & Julia, indem die junge Julie binnen eines Jahres alle 524 Rezepte eines Kochbuchs der Autorin Julia Child nachkocht und darüber auf ihrem Blog schreibt, war zur Initialzündung geworden. Endlich hatte er einen Weg gefunden, all seine Ideen und Gedanken rund ums Essen zu kanalisieren.
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Die Berliner Speisemeisterei war geboren. Zunächst veröffentlichte auch er nur Rezepte, die er selbst zubereitet hatte. Doch das wurde ihm schnell zu eindimensional. Weitere gastronomische Themen kamen hinzu. Kochbuchbesprechungen. Interviews mit gastronomischen Größen. Und und und.
Mittlerweile ist aus dem Blog ein richtiges Food-Magazin erwachsen. Ein Magazin, das Einblicke in die arbeitsintensiven Prozesse seines Handwerks geben soll. "Ein Loblied auf das Handwerk des Kochens", mit dem er ganz bewusst der Automatisierung vieler Prozesse entgegenwirken und die Werte des klassischen Kochens hochhalten möchte.
Klar, dass jemand wie er viel herum kommt in der Stadt und sich in der gastronomischen Szene bestens auskennt. Und so findet sich unter seinen zehn Lieblingsorten auch so mancher Restaurant Tipp...
Coda Bar. Mutig finde er vor allem die Lage, in der sich diese doch eher exklusive Dessert-Bar angesiedelt habe. Mitten in Neukölln laufe die entsprechende Zielgruppe vermutlich nicht gerade an der Haustür vorbei. The Rolling Pin zeichnete das Konzept gerade mit dem Titel "Gastronomy Concept of the Year" aus und auch ihm haben es die feinen Desserts nebst korrespondierendem Wein oder Cocktail wirklich angetan. Das am Tisch geräucherte Schokoladendessert mit Lambrusco und Bourbon Whisky sei zuletzt sein Highlight gewesen.
Bürgerpark Pankow. Sein persönliches Naherholungsgebiet. Hier ziehe es ihn das ganze Jahr über her, wenn es ihn und seine Familie nach einer kleinen Auszeit in der Natur gelüste. Zum Entspannen. Spazieren. Oder auch einfach nur mal, um den Kopf frei zu bekommen.
Sticks’n’Sushi. Eine grundlegend neue Erfindung sei das Konzept zwar nicht, aber eine stimmige Umsetzung eines bewährten Konzepts. Als "durchdacht bis zum Ende" hätte er bei seinem Besuch des brandneu eröffneten Sushi-Restaurants jedes Detail empfunden. Angefangen vom "Irasshaimase!" beim Eintreffen eines neuen Gastes durch das gesamte Team bis hin zur Gestaltung der Speisekarte. Das Sushi sei wirklich top, erzählt er begeistert. Ganz besonders die Signature Rolls, hätten ihm gut gefallen.
Data Kitchen. "Diese Stadt erfindet sich eigentlich jedes Jahr in irgendeiner Form neu", schwärmt Steffen Sinzinger. Bestes Beispiel sei die jüngst eröffnete Data Kitchen Unter den Linden. Ein völlig neues Konzept, bei dem das Essen online vom Büro aus bestellt und bezahlt werde und dann in einer Art Automat frisch zubereitet auf einen warte. "Effizienter kann man die Mittagspause nicht nutzen.", meint er. Dabei seien die Gerichte obendrein sehr gesund, kreativ und gut zubereitet.
Cookies Cream. Was Chefkoch Stephan Hentschel hier seit Jahren aus Gemüse zaubere sei einfach genial. "Mit bescheidensten Mitteln kocht er ganz groß auf", ist Sinzinger voll des Lobes. Wer einmal hier war, habe einfach immer Lust wieder zu kommen. Das Konzept der rein vegetarischen Küche gehe hier bereits seit Jahren voll auf.
Zoopalast. Er gehe für sein Leben gerne ins Kino und seit der Renovierung des Berlinale Premierenkinos sei dieses moderne Lichtspielhaus sein Favorit. Bequemer und komfortabler gehe es nicht. Die letzten beiden Male sei er allerdings tatsächlich eingeschlafen, weil er so erschöpft war.
3 Minutes sur Mer. Der Koch und Mitinhaber des Restaurant Herz&Niere habe hier jahrelang die Küche geschmissen und noch immer bekomme man hier eine sehr anständige Bistro-Küche zu einem sehr guten Preis serviert. Eines seiner Higlights sei immer eine Etagere mit Meeresfrüchten gewesen und hinterher eine hervorragende Creme Brulée. Serviert an einfach eingedeckten Tischen und mit Blick auf die offene Küche.
Reinstoff. Daniel Achilles sei für ihn "der beste kreative Koch der Stadt". Seine Küche sei einfach unglaublich. Bei ihm erkläre sich Kochen vollkommen neu. Sehr spannend sei auch seine temporäre Serie Freistoff, bei der man sich für einen begrenzten Zeitraum einzelnen Ländern widme und das daraus resultierende Menü zu einem fantastischen Preis serviere, um einem breiteren Publikum einen Besuch zu ermöglichen.
Hackescher Markt. Er möge den hiesigen Mix der historischen Architektur, den vielen kleinen Läden und der Menschen aus aller Herrenländer. Seit den letzten Jahren ließen sich in der Gegend auch immer mehr Start-Ups nieder, wodurch eine sehr kreative Stimmung entstehe. "Ein toller Ort!"
Vabali Spa. In diesem Wellness-Tempel unweit des Hauptbahnhofs gebe er mit seiner Jacke auch stets sämtlichen Ballst an der Garderobe ab. Wie Urlaub sei das und er versuche regelmäßig für drei bis vier Stunden her zu kommen. Dabei könne man in dem weitläufigen Spa theoretisch auch den ganzen Tag verbringen. Man sollte aber früh am Morgen kommen, meint er, da sei es meist noch schön leer. "Wie einmal durchgespült komme ich da dann immer raus.", erzählt er begeistert.