Dauerhaft geschlossen!!!
Mittwoch bis Samstag 19-22 Uhr
Lode & Stijn
Lausitzer Straße 25
10999 Berlin-Kreuzberg
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Ein wenig ist es, als sei man zu Gast bei den coolen Freunden seiner älteren Geschwister. Seit seiner Eröffnung 2016 ist das Restaurant Lode & Stijn in der Lausitzer Straße in aller Munde. Das liegt vor allem an der geschmacksintensiven Küche, die die beiden niederländischen Köche Lode van Zuylen und Stijn Remi hier servieren.
Neben dem überaus freundlichen und entspannten Service, der sichtlich Spaß an seiner Aufgabe hat, sind wir vom entspannten und doch anspruchsvollen Ambiente und der Musikauswahl von Jimi Hendrix bis Sixto Rodríguez äußerst angetan. Das Ambiente im Lode & Stijn ist nüchtern gehalten, modern, elegant und geradlinig mit viel Holz, dabei jedoch keineswegs ungemütlich. Es steht eben im Mittelpunkt, was auf den Tisch kommt. Und das ist wahrlich fantastisch. Modern, reduziert, mit skandinavischem Einschlag und geschmacklich doch überaus reichhaltig und überraschend.
Alles wirkt mühelos und unaufgeregt. Das Lode & Stijn schafft es, diesen Balanceakt zu meistern zwischen Lässigkeit ohne Laisser-faire zu wirken, eine entspannte Atmosphäre und zugängliche Teller zu schaffen, ohne es jemals an Ernsthaftigkeit ermangeln zu lassen.
Die Speisekarte, inklusive ihrer sorgfältig und eigenhändig hergestellten Zutaten, versteht sich im Lode & Stijn als Bündelung von Erfahrung, Kreativität und bestmöglichen Produkten aus der Region und Europas. Sie orientiert sich an der Vielfalt der Saison und bietet sechs bis sieben feste Gänge, sowie eine von Sommelier Ole Ortmann kuratierte Wein- oder alkoholfreie Begleitung.
Viele Naturweine trinken wir heute Abend, er sei aber keinesfalls ein Hardliner, bekennt Ole. Bl0ß seine Grundsätze orientierten sich eben auch am Produktverständnis von Lode und Stijn, von daher präferiere er die Bezeichnung „lebendiger Weine“. Mit viel Fachwissen und ebenso viel Begeisterung bringt Ole sich und die von ihm ausgesuchten Weine ein und komplettiert auf diese Weise unser ausgezeichnetes Dinnererlebnis.
Und so starten wir mit einem Winzersekt des „jungen Wilden“ Moritz Kissinger, der sich in der Champagne einige Zeit genau angeschaut hat, wie das so läuft mit dem Champagner. Demenstprechend schmeckt der feine Schaumwein im Glas und untermalt das frische Amuse aus Pilz Granité mit Schnittlauchöl sowie frischesten Radieschen direkt vom Feld. Wir läuten ganz offiziell den Frühling ein.
Das Amuse in zwei Etappen erhält mit den berühmten Bitterballen mit Rindfleischfüllung und Rinder- respektive Kartoffeltartar mit Pistaziendressing und frittierten Kapern auf geröstetem Sauerteigbrot einen deftigen Einschlag, der zeigt, dass Zurückhaltung im Lode & Stijn lediglich eine Möglichkeit des Aromenspektrums ist. Wir dürfen gern unsere Hände benutzen, betont der freundliche Service, und das werden wir im Laufe des Abends noch häufiger.
Lodes Sauerteigbrot mit Bärlauchbutter weiß ebenso zu begeistern, wie die wilde Watt Auster in Tempurateig mit Austerncreme an der Seite, Kumquateiscreme sowie weißem Spargel und Leinsamen obenauf. Die Veggie-Variante mit Schwarzwurzel ist ebenso cremig, knackig, etwas schlozig und knusprig – ein schönes Texturenspiel mit viel Geschmack. Nicht das letzte Mal wandert der Finger in die Sauce, um auch den letzten Rest des feinen Rahms aufzuschlecken.
Ebenso wie die ausgeklügelte Weinbegleitung kann uns übrigens die ausgeklügelte alkoholfreie Begleitung aus Kombuchas, Shrubs, Kefir und Säften entzücken, die sich ganz wunderbar in die Aromatik der verschiedenen Gänge schmiegt. Besonders hervorzuheben sei an dieser Stelle der Karottengang.
Aus dem Moor kommend überzeugt das Grundprodukt bereits mit ihrer Dichte und einem konzentrierten Karottenaroma aus Frische und Säure. Nachdem sie über Holzkohle auf dem Habachi Grill gegart wurde, wird sie dann wie Sashimi aufgeschnitten, mit eingelegtem Ingwer, Pistazien und jeder Menge Wildkräutern vervollkommnet, von dem jedes Kraut seinen eigenen Geschmack zu dem fabelhaften Karottengericht beiträgt.
All die Blüten, derer man sich im Frühjahr wieder bedienen kann, schaffen nicht nur einen wunderschön anzusehenden Teller. Der dichte Geschmack und die Zartheit der Karotte erstaunen uns und lassen uns ins Schwärmen geraten – ein Sternegericht!
Ein weiteres Highlight unter all den Highlights dieses Abends ist neben dem super trockenen Birnen-Champagner Poire Gran Cru von dreihundert Jahre alten Bäumen in der Normandie ohne Frage die Tarte au Citron von Hanne, die für drei Monate das Team im Lode & Stijn ergänzt. Sonst agiert sie im Coda und das merkt man dem Dessert auch an.
Eine geschmacklich perfekt ausbalancierte Zitroneganache unter zartem Merinque wird von Bergamotte und Anis ergänzt. Das sieht nicht nur hinreißend aus, sondern schmeckt wie ein luftig-zitroniges Wölkchen, das dabei dank eingelegter Zitrone obenauf reichlich Komplexität erfährt.
A propos komplex: Auch die Schokoladeneiscreme traut sich, die bittere Seite der Schokolade zu betonen und ist gleichzeitig wahnsinnig cremig. Vor allem in Kombination mit der sahnigen Stracciatella Eiscreme, etwas Cayennepfeffer und Kardamom wird das Dessert gewissermaßen zu einem Kinderschokoeis für Grownups. Wie cool und gewitzt kann man bitte sein, Lode & Stijn?