Mittwoch bis Sonntag 17.30-24 Uhr
Küche geöffnet bis 22.30 Uhr
Joynes Kitchen
Mommsenstraße 42
10629 Berlin-Charlottenburg
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Wäre Anthony Joynes ein Fußballer, müssten sich die Gegenspieler in Acht nehmen. Der Mann kann antäuschen und tricksen. Seine Strategie funktioniert auch in der Küche: Mit einer Kiwi kickt er seine Gäste kulinarisch in seine Heimat, nach Neuseeland. Dabei ist sein Spielfeld eigentlich die moderne französische Küche.
Doch kleine Eskapaden sind durchaus erlaubt und sogar erwünscht, wenn es denn wie bei der Vorspeisen-Begegnung von Tintenfisch, Rucola, Datteln, Knoblauch, Bayonne-Schinken und eben der südpazifischen Insel-Beerenfrucht einfach passt.
Im Herbst letzten Jahres hat der gebürtige Auckländer, der sich durch die Welt gekocht hat, mit seiner Frau Lucia Joynes den Traum von einem eigenen Restaurant Wirklichkeit werden lassen. Nicht in einem der hippen Gastrodistrikte, sondern im alten West-Berlin, am westlichen und damit gemütlich-verschlafenen Ende der Mommsenstraße.
Eine rote Markise macht auf die Restauration aufmerksam, innen trifft aufpolierte Berliner Kneipenbehaglichkeit auf französisches Brasserie-Flair, sorgen Goldrand-Tellerchen und weiße Stoffservietten für gehobene aber nicht abgehobene Gastlichkeit.
Vier Vorspeisen, fünf Hauptgänge, drei Desserts – der Käse natürlich vom französischen Maître Philippe – eine gut überschaubare Auswahl, die es dennoch schwierig macht. Alles hört sich vielversprechend an. Tipp: das Fünf-Gänge-Menü, am besten mit Weinbegleitung, bestellen und sich der kulinarischen Frankreich-Reise einfach hingeben.
Auch was einen auf der Karte erst einmal stutzen lässt, stellt sich als späte Wiedergutmachung früherer ungeliebter Gerichte heraus. Die Terrine vom Kaninchen etwa. Terrinen waren in Omas Küche wie beim Fine Dining vergangener Zeiten ein Muss. Viel Gelatine, wenig Fleisch und Gemüse, aber gut vorzubereiten. Was macht Joynes? Er dreht die Mengenverhältnisse um, das Kanin mit grünen Oliven, Zitrone und Lauch wird zur modernen Landpartie.
Während bei den Hauptgängen das Zweierlei von der Ente mit Pfifferlingen, Erbsen, grünem Spargel und Radieschen mit seiner Bodenständigkeit fast schon in den Herbst lockt, ist die Maischolle mit Fenchel, Orange, grünen Bohnen und Zitronen-Kartoffelstampf ein feiner Übergang vom Frühjahr zum Sommer. Sollten Anthony und Lucia jemals ins Merchandising gehen, das selbstgemachte Frühlingszwiebelöl, das dem Gericht den letzten Kick gibt, muss abgefüllt und zum Verkauf angeboten werden.
Lucia ist gelernte Pâtissière und verrät, dass sie zuvor nichts mit Wein zu tun hatte. Was bei der Auswahl erstaunlich ist. Mit einer Flaschenselektion von gerade einmal 25 Tropfen, Schaumweine inklusive, beweist sie ein feines Näschen für großen Trinkgenuss. Deshalb noch ein Tipp: die charmant-muntere Gastgeberin und Restaurantleiterin in eine beratende Beratungs-Plauderei verwickeln!