Mittwoch bis Samstag 19-23 Uhr
NaNum
Lindenstraße 90
10969 Berlin-Kreuzberg
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Jinok Kim, Inhaberin und gute Seele des Restaurants NaNum in Kreuzberg in unmittelbarer Nachbarschaft zum Jüdischen Museum, umgibt eine recht besondere Aura. Selbst wenn man sich nicht mit ihrem Lebenslauf auseinandergesetzt hat, merkt man ihr die Bühne an. Sie ist im NaNum aber nicht nur Gastgeberin, sondern auch schöpferische Kraft.
Anders als in anderen Restaurants steht Jinok Kim allerdings nicht in der Küche, sondern in der Werkstatt: Jinok Kims Leidenschaft neben der Musik gilt der Keramik. In ihrem Restaurant hat die ehemalige und oftmals preisgekrönte Altistin ihre neue Bühne gefunden – und bietet sie dabei ebenso der koreanischen Esskultur sowie ihrer Keramikkunst.
So ist das NaNum Restaurant und Galerie in einem. Was zunächst klingt wie eine eigentümliche Mischung, fügt sich in Realität recht gut ineinander – immerhin sind Keramik und Essen ja von jeher Artverwandt. Im NaNum mag man kaum entscheiden, was von beidem sich hier die Bühne bietet.
Das liegt auch daran, dass ein großer Faktor der koreanischen Esskultur der Fermentation als Grundpfeiler zuteilkommt. Im NaNum werden jene Fermente und Essige selbst hergestellt. Zahlreiche Lebensmittel, die im NaNum auf die handgefertigte Keramik finden, wachsen in Jinok Kims Garten, bereichern die Küche mit Knoblauchblüten, Quitten, Blumen, von umliegenden Feldern und Wiesen stammen Giersch oder Fichtennadeln, es wird getrocknet, eingekocht – und eben fermentiert.
Jinok Kim weiht Menschen hier auch in jene hohe Kunst ein, da verwundert es kaum, dass auch Vertreter*innen umliegender Häuser, wie etwa des Nobelhart & Schmutzig, gern die Galerie besuchen, um sich vom NaNum inspieren zu lassen.
Dank des Einsatzes vieler Fermente ist die Küche im NaNum von Säure geprägte. Da fügen sich die tollen Naturweine, die wir im Rahmen des Wein-Pairings kosten, hervorragend ins besondere Geschmacksprofil. Wir starten also mit zwei unterschiedlichen Pet Nats. Naturweine ergeben jedoch nicht nur aufgrund des hohen Einsatzes von fermentierten Lebensmitteln viel Sinn: ökologisch hergestellte Weine, die ohne Schönungsmittel auf eigenen Hefen spontan vergären, das sind eigensinnige, ungebändigte und überraschende Weine – und das passt ebenfalls perfekt zur Küche im NaNum.
Durch den Garten bleibt jene immer eng dem Rhythmus der Jahreszeiten verbunden und so schimmert zu unserem Besuch bereits ein wenig Frühlingsfrische in ansonsten erdig-winterliche Aromenspielen durch: in Form einer herzhaften Grünkohlsuppe mit DönDsang, also fermentierten Sojabohnen, welche die Elemente Meer und Boden elegant miteinander verwebt. Fermentierter Sellerie kann übrigens nicht nur die Sellerie-unbegeisterte Begleitung überzeugen, er verleiht dem doch recht ursprünglichen Süppchen einen Hauch willkommene Frische.
Das nächste Gericht gefällt uns ganz besonders: perfekt (!) gekochter Reis, den wir mit etwas getrockneten Nori-Algen und dem ersten frühlingsfrischen Wunderlauch der Saison einwickeln. Ein kleines DIY-Sushi-Kit sozusagen (ohne dabei despektierlich klingen zu wollen), das phänomenal die pikanten Aromen der ersten zarten Frühlingsboten mit dem Heimeligen des Reis verwebt.
Ein Gefühl der Behaglichkeit überkommt uns – Kindheitsgeborgenheit an Omas Küchentisch, selbst wenn diese in Norddeutschland und nicht in Korea gekocht hat. Dieses Gericht vermag es wie wenige, dieses Gefühl hervorzulocken. Wenngleich die Teigtaschen mit Shiitake , Frühlingszwiebeln und Chiliöl dieses Erlebnis nicht wiederholen können, lecker schmecken sie allemal.
Ebenso wie der fabelhafte Orangewein Orang von Fritz Salomon, besonders cool aus der Steinflasche überzeugt er mit starken Trockenobstaromen, Orangenkeksen mit Schokoglasur und ist dabei doch knochentrocken – spannend und beeindruckend.
Vor unserem Hauptgang genießen wir zur Erfrischung und als sogenannter palate cleanser einen Kimchi-Drink in leuchtendem Purpur: der DongTzimi demonstriert alles, was Fermentation kann. Er wirkt erfrischend, regt die Verdauung an, schmeckt viel milder als man denkt und auf sehr gute Art sehr gesund. Davon hätten wir gern als Zaubertrank immer etwas im Kühlschrank.
Im Hauptgang eröffnet das NaNum dann wie in jedem stets wechselnden Menü des Galerierestaurants den Wettkampf zwischen Fleisch und vegan: sousvide gegartes Schweinefilet tritt an gegen hausgemachten Tempeh und Tofu. Das vegane Gericht steht in seiner intensiven Aromentkombination aus Sojasauce, fermentierten Knoblauchstängeln und etwas Wunderlauch dem Fleischgericht an Intensität und Wärme gewiss in Nichts nach.
Diese Miso-Intensität gefällt uns auch beim DönDsang-Eis aus sechs Monate fermentierten Sojabohnen mit karamellisierter Sojasaucen außerordentlich gut. Überhaupt: mehr Miso im Eis! Die wunderbare Umami-Tiefe steht dem Dessert ziemlich gut. Jinok Kim arbeitet im oberen Stockwerk des NaNum übrigens schon an neuer Keramik für das kommende Menü, schließlich ist das Frühjahr inzwischen schon vorangeschritten, das bedeutet, dass die Karte im NaNum sich schon bald wieder den Gewächsen im Garten anpassen wird.