Dienstag bis Samstag
11-18 Uhr
Wentrup Gallery
Knesebeckstraße 95
10623 Berlin-Charlottenburg
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“You are chasing what drives you!”
Mit diesem Satz beginnt der exquisite Pressetext der hochgeschätzten Kollegin Marie von Heyl, der sich nicht nur den neuen Arbeiten der jungen, britischen Künstlerin Mary Ramsden widmet, sondern auch tief in deren Arbeitsprozess eintaucht. Und dieser ist faszinierend und fesselnd. Exklusiv für die Leser*innen von Creme Guides gab uns Stefanie Haberbeck, Direktorin der Galerie Wentrup dieses Zitat zu den aktuellen Arbeiten mit auf den Weg:
„Die neuen Malereien von Mary Ramsden ziehen einen in den Bann mit ihrer unglaublichen Präsenz. Gleichzeitig strahlen sie aber auch etwas Intimes aus. Auf experimentell abstrakte Weise malt Ramsden Räume, die ihrer Erinnerung entspringen - mal mit dicken Pinselstrichen und Farbflächen, mal in skizzenhafter Manier und entwickelt auf diese Weise eine ganz neue, einzigartige Bildsprache.“
Unser „Drive“, die kürzlich eröffnete Ausstellung unter dem Titel „For Newness of the Night” (läuft noch bis zum 17. Juli 2022) in der Galerie Wentrup in der Knesebeckstraße in Charlottenburg zu besuchen, ist also groß und das gleich aus mehreren Gründen.
Die hellen Räumlichkeiten der Galerie befinden sich nämlich in einem ehemaligen Haute Couture-Geschäft, welches ursprünglich im Jahr 1928 als Erweiterungsbau fertiggestellt wurde und mit dem damaligen Rohrpostamt aus dem Jahre 1881 verbunden war. Viel Geschichte also und architektonisch unbedingt interessant.
Ich bin mir nie sicher, ob es die geschwungene, runde Form der Sitzlandschaft und die zwei Säulen sind, die den Raum unaufdringlich aufteilen oder der besondere Boden mit seinen weißen, runden Kacheln... Der Raum übt auf mich jedes Mal eine besondere Anziehung aus und bildet generell einen wunderbaren Rahmen für Kunst. In diesem Fall die zumeist großformatige Malerei von Mary Ramsden.
Aber kommen wir auf den paradoxen Satz: “You are chasing what drives you!”zurück – Marie von Heyl zerlegt diesen nicht nur meisterlich, sie schafft damit auch einen ungewöhnlich tiefen und intensiv-intimen Einstieg in Mary Ramsdens Wahrnehmung und Realität innerhalb ihres kreativen Prozesses, der uns sonst verschlossen bleiben würde:
Somatische Beschwörung vs spirituelle Vermutung
"...zu verfolgen, was einen antreibt, bedeutet, zu verfolgen, was einen verfolgt. Dieses sich gleichzeitig voraus und hinterher sein kann nur als Bewegung gedacht werden, auch wenn wir dank unserer Gier nach Worten gelernt haben, diese unmögliche Figur als Intuition zu bezeichnen. Wer sich ins Dunkel vortastet, tut das immer als gespaltenes Subjekt, zwei Formen des Selbst, die sich zu widersprechen scheinen. Erst hier öffnet sich der Raum zwischen Wissen und Nicht-Wissen, in dem das Unbekannte die Form des Neuen annehmen kann. Mary Ramsden vergleicht diesen Zustand mit dem Eindruck, es befinde sich noch jemand anderes mit ihr im Atelier. Sie habe von Bergwanderern gelesen, die Ähnliches berichten: das Gefühl, nicht alleine zu laufen, als hielte eine zweite Person das andere Ende des Seils. Wir bedienen uns oft übersinnlicher Metaphern, um Schaffensprozesse zu beschreiben, doch Ramsden nimmt ihre Arbeit in erster Linie als sinnlich-körperlich wahr. Die Muskeln erinnern sich und übernehmen die Führung, lassen den Körper sich ständig neu ausrichten und kleine Wellen das Seil entlangwandern."
Das muss man erstmal sacken lassen, nochmal lesen und dann im Idealfall einfach eine Weile in der Galerie Wentrup sitzenbleiben, der eigenen „Muscle Memory“* ganz ihren freien Lauf lassen, während man sich in den rätselhaften Räumen von Mary Ramsden verliert oder vielleicht auch wiederfindet…J’adore!