Mittwoch bis Samstag 18.45-23 Uhr
Loumi
Ritterstraße 2
10969 Berlin-Kreuzberg
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Vorbei sind die Zeiten, in denen man versteckt in einem Neuköllner Hinterhof hinter einem Shishashop an einer namenlosen Tür klingelte, und sich in etwa so fühlte, als würde man sich hier andere Sünden einverleiben wollen, als ein grandioses Dinner. Nein, allzu konspirativ fühlt es sich bei Karl-Louis und Mical von Loumi zwar nicht mehr an, das Dinner-Erlebnis aber konnte davon fraglos profitieren.
Klar, immerhin kocht Karl-Louis nicht mehr in einer kleinen Wohnungsküche und verfügt über einige helfende Hände mehr, während sich Mical richtig viel Zeit für die Gäste und einige wunderbare Weine nehmen kann – und es mit ihrer warmen Art noch immer schafft, ein intimes und angenehmes Setting im Loumi zu schaffen. Dazu trägt der wunderschöne Gastraum bei, der cool wirkt ohne ungemütlich zu sein.
Auch die tolle Playlist, das muss einmal erwähnen werden, fügt sich wunderbar in dieses Ambiente. Recht flott stehen dann eins nach dem anderen ein paar Amuse Geules auf dem Tisch respektive auf dem Tresen. Denn der Platz an der Bar mit Blick in die offene Küche erlaubt es, einem Chef's Table gleich, dem Küchenteam beim Braten, Bepinseln und Anrichten auf die Finger zu blicken. Eine wahre Freude für jeden Foodie!
Den Auftakt im Loumi macht eine Gillardeau Auster mit Pomelo Mignonette. Die wunderbare Fleischigkeit der Muschel gepaart mit den feinen Süß- und Bitternoten des aufplatzenden Fruchtfleisches schaffen eine erste Idee davon, womit wir es kulinarisch heute Abend zu tun haben: Höchste Qualität der Grundprodukte, regional und saisonal ohne Dogma, aromatische Raffinesse und eine makellose Ausführung, die insbesondere angesichts dessen erstaunen, dass Karl-Louis und Mical Autodidakt*innen sind.
Inzwischen können beide zwar auf recht namhafte Praktika (Restaurant A.T. in Paris, Mãos und Ikoy in London, Votum in Hannover) in der Gastronomie verweisen, aber gelernt haben sie etwas ganz anderes. Beide wollten beruflich etwas neues wagen – zum Glück für uns! Anfangs machen sie zuhause gemeinsam kleine Kochevents für Freund*innen, später mieten sie Locations, die Idee eines Business wächst, 2017 gründen sie Loumi Dining und eröffnen schließlich im Sommer 2023 ihr gemeinsames Restaurant in Kreuzberg.
Nordisch, französisch, japanisch sei zwar im Prinzip der klassische Küchendreiklang ihres Kochstils, „aber wir lassen uns eigentlich nicht gern in Schubladen packen, denken auch gern ‚outside the box‘. Und wenn wir gute Produkte bekommen, dann arbeiten wir auch gern mit ihnen. Uns ist aber ebenso wichtig, auf Nachhaltigkeit und Tierwohl zu achten“, erklärt Mical den Küchenstil im Loumi.
Und so begeben sie sich auf die Jagd nach den besten Produkten. Während im Sommer viel Gemüse serviert würde, finden wir an diesem Februarabend winterliche Produkte auf unseren (überaus ansehnlichen) Tellern, die derzeit Hochsaison haben: unterschiedliche Meeresfrüchte, Wintertrüffel, Wurzelgemüse und allerlei von der Ente. Alles von kompromissloser Qualität, versteht sich.
Das Ergebnis schmeckt ein bisschen dekadent und doch herrlich unprätentiös. und einfach derart köstlich, dass es schwer fällt, unter den rund acht Gängen einen Liebling zu küren.
Da wäre das tiefe Umami des Ententees abgeschmeckt mit Steinpilz und Bergamotte, oder aber die feine Schärfe des gegrillten Kalmars mit Hot Sauce, Blutorange und angeflämmtem Lardo di Colonnata, der es vermag, unsere Geschmacksknospen kurzerhand nach Spanien zu transportieren (eine Wohltat im Berliner Februar. Sie wissen sicher, was wir meinen).
Klassisch französische Küche dient bei Loumi als Basis, klar erkennbar sind aber auch asiatische Einflüsse, wie das wunderbar zarte Chawanmushi, das der Biss der Abalone kontrastiert und dem Piment d'Espelette und frische Yuzu eine elegante Note verleihen.
Herrlich mundet auch der glasig schimmernde Seeteufel, auf Wunsch ergänzt um N25 Kaluga Hybrid Kaviar. Der Fisch ist am Knochen gereift und erinnert in seinem angenehm festen Biss beinah an Krustentier. Dazu gibt es ein fantastisch tiefes, weil karamellisiertes Topinamburpüree sowie einen wunderbaren Schaum aus Vin Jaune, der mit einem Tee aus Pilzen und Zitronenthymian ergänzt wird. Ein großer Genuss ist auch das dazu gereichte, wie Lack glänzende Brioche mit seinen deutlichen Hefenoten und der zum Finger ablecken köstlich-klebrigen Kruste. Der reine Purismus ist im Loumi nicht zu finden – es darf schon ordentlich nach etwas schmecken.
Das demonstriert auch die klar wahrnehmbare Kampotpfeffernote der Jus, die zur gereiften Challans Ente und den mit geschmorter Entenkeule gefüllten Morcheln gereicht wird. Eine reine Wonne! Ebenso wie das Mandarineneis, das mit Oolongtee verfeinerter Sahne und einem Bett aus schwarzem Knoblauch komplementiert wird. Ein gleichermaßen köstliches wie erwachsenes Dessert.
Überhaupt scheint es ein wenig, als sei das Gespann hier im ersten eigenen Restaurant erwachsen geworden. Von vorn bis hinten erscheint der Abend stimmig und durchdacht. Nun könnte man den Verlust des Geheimen monieren, die Wahrheit ist aber: Loumi brauchen nicht verschwörerisch tun, um besonders zu sein.