Ich bin tatsächlich nervös. Nervös vor einem Interview. Der Bestsellerautor und Coach Lars Amend wird mein Gesprächspartner sein. Draußen ist es kalt aber die Sonne scheint als gäbe es kein Morgen. Wir treffen uns in einem kleinen Café mitten im Wrangelkiez. Trubelig ist es. Menschen kommen und gehen. Stehen in der Schlange am Tresen. Die Espressomaschine läuft ununterbrochen. Ich bin zu früh und denke noch: wie sollen wir uns hier nur unterhalten. Doch dann kommt Lars. Er reicht nicht die Hand. Er umarmt. Lars fängt an zu erzählen und plötzlich ist Frieden. Ruhe. Einverständnis. Nie habe ich jemanden so reden hören. So warm. So einverstanden mit allem. Die Aufregung ist vollständig verflogen und ich lausche dieser Stimme.
In Gießen wurde er geboren, schrieb mit 17 seinen ersten Artikel für das JETZT Magazin der Süddeutschen Zeitung. Dafür interviewte er die Beasty Boys. So intensiv, dass sie bereitwillig die geplante Gesprächsdauer verlängerten. Nach der Schule ging es nach London. Musik. Sex, Drugs & Rock‘n’Roll. Zwei aufregende Jahre. Zurück in Deutschland ging es nach Frankfurt am Main, wo er den neugegründeten Radiosender XXL mit aufbaute und begann seine legendären Interviews zu führen. Moby. Pink. Amy Winehouse. Mit Pharrell Williams stellte er während des Interviews sogar ein Mixtape zusammen. Sein aufrichtiges Interesse für den Menschen hinter dem Prominenten öffnete auch das Gegenüber. Bis heute ist diese Empathie der rote Faden für sein Leben.
Trotz des Traumjobs entschied er sich, weiter zu ziehen. Das war es noch nicht. Es ging nach Berlin. Auszeit. Interviews für Radio Fritz. Er traf Bushido, der ihn fragte, ob er seine Biografie schreiben wolle. Er willigte ein und schrieb die meistverkaufteste Musikerbiografie Deutschlands, die später mit Elyas M'Barek, Moritz Bleibtreu und Hannelore Elsner sogar verfilmt wurde. Es folgten Bücher über die Scorpions, das Topmodel Mario Galla, das seine Kariere mit nur einem Bein gemacht hatte und den Verführungskünstler Michel Vincent. Rasant. Es wurde Zeit für eine Auszeit. Rio de Janeiro. Favelas. Drogenbanden. Gewalt. Über das Erlebte wollte er ein Buch schreiben.
Aber dann kam Daniel. 15 Jahre und herzkrank. Jeder Zeit konnte er sterben. Lars Amend begleitete ihn. Machte mit ihm Dinge, die er noch nie in seinem Leben gemacht hatte und die er sich doch so sehr wünschte. Aus den Erlebnissen dieser Zeit entstand das Buch "Dieses bescheuerte Herz". Prägende Erlebnisse. Und es kam noch eines hinzu: er begegnete Paulo Coelho. Schon zuvor hatte er mit wachsender Hingabe begonnen, die Briefe von Lesern zu beantworten, die in der Krise steckten und ihn um Rat baten, doch nach diesem Aufeinandertreffen stand für ihn fest, dass er seine Begabung anderen zu helfen und sie zu Neuem zu motivieren, mehr Menschen zugänglich machen wollte.
Seither arbeitet Amend auch extrem erfolgreich als Coach und Motivator, wie er es selber nennt. Er gibt Seminare und hat zuletzt auch ein Buch zu dem Thema veröffentlicht. "Magic Monday" heißt es. Sein Anliegen ist es den Blick für das Positive wieder zu öffnen. "Alles ist eine Frage der Betrachtungsweise", sagt er. Und allein damit verändert sich oft schon alles. Seine Liebe für die Vielfalt des Lebens stellt er einmal mehr mit seinen zehn Lieblingsorten in Berlin unter Beweis. Viele seiner Favoriten ermöglichen ihm eine kurze Auszeit vom Großstadttrubel und bringen ihn für einen Moment in eine andere Welt. Folgen Sie Lars Amend durch seinen Kiez...
Passenger Espresso. In dieser typisch italienischen Espresso-Bar in der Oppelner Straße gibt es seiner Meinung nach den besten Espresso der Stadt. "Wunderbar mild mit Noten von Kakao, Amaretto und Nuss", schwärmt er. "Hier trinke ich meinen Espresso am liebsten." Zuhause hat er selbst eine Profi-Espresso Maschine nebst Mühle, die er je nach Wetterlage täglich justiert und zu der er ein beinahe leidenschaftliches Verhältnis hat. Die Bohnen kauft er ebenfalls bei Passenger Espresso. Sie kommen aus der jüngst eröffneten eigenen Rösterei in Neukölln. Die Bar selbst ist winzig klein. "Maximal zehn Leute passen da rein", erzählt er.
Baretto. In dem kleinen portugiesischen Café in der Wrangelstraße holt Lars Amend sich beinahe jeden Tag eine der noch warmen hausgebackenen Rosinenschnecken, die stets drohen bereits ausverkauft zu sein. Als er mir schwärmerisch von deren luftigem Teig, gefüllt mit ein wenig Vanillecreme und den saftigen Rosinen erzählt, kann ich sie förmlich selber schmecken. So oder so mag er diesen Ort aber ganz besonders: "Das Baretto bringt mich immer für einen kurzen Moment nach Lissabon. Man verliert hier die Zeit. Und öffnet man die Tür, ist es wieder da, das Kreuzberger Leben."
Jackie O. "Der schönste Ort, wenn die Sonne scheint und noch ein echter Geheimtipp." Das Areal des Jackie O. liegt direkt an der Rummelsburger Bucht, mit einem gleichnamigen Schiff, das dort vor Anker liegt. Für die Veranstaltungen hier wird keine Werbetrommel gerührt. Es gibt Grillpartys. Manchmal spielen Bands. An der Bar gibt es gute Drinks und etwas Anständiges zu Essen. Nachts brennen Fackeln. "Ein Ort wie auf einem Roadtrip", schwärmt Amend.
Hallmann & Klee. Dieses Restaurant in Neukölln, das genau genommen erst im April eröffnet, gehört einer Freundin von ihm. Sie wird eine "raffiniert zubereitete regionale Küche" aus besten Zutaten servieren. "Ich habe die Karte schon rauf und runter probiert", erzählt er. "Fantastisch!" Seine aktuellen Favoriten sind dabei der Sellerie aus dem Salzmantel mit Selleriechips, Granatapfel und Portulak sowie die Kokossuppe mit getrockneten Äpfeln, gerösteten Schluppen und selbstgebackenem Brot. "Auf der kleinen aber feinen Karte werden generell viele vegetarische Gerichte zu finden sein", erzählt er mir. "Ein echter Wohlfühlort. Hier wird man mich zukünftig sehr oft antreffen."
Dachterrasse Hotel de Rome. "Im Sommer treffe ich mich oft mit meinen Klienten auf dieser Dachterrasse und beginne hier meine Coachings". Dabei will Amend nicht etwa im Luxus schwelgen, sondern vielmehr mit einem besonderen Ort zeigen, was das Leben bereithalten kann. Gerade in Luxushotels ergeben sich dabei häufig ganz besondere, überraschende Momente, erklärt er. Kürzlich saß beispielsweise plötzlich Julian Moore während so eines Erstgesprächs am Nachbartisch. "Das war schon was!" Aber auch privat hat Amend eine große Affinität zu Hotels: "Ich liebe diese besondere Atmosphäre. Es hat etwas Nostalgisches. Einen Hauch von Hollywood. Ich denke dann oft an Woody Allen. Irgendwann werde ich für eine Zeit im Hotel leben und dort ein Buch schreiben", schließt er entschlossen.
Insel Berlin. Auf dieser Insel mitten in der Spree geht Amend mehrmals in der Woche joggen. Durch den Treptower Park geht es dann an der Spree entlang über eine Brücke dort hinüber. "Das ist jedes mal wie im Urlaub, wenn ich über die Brücke laufe. Es gibt einen Park, ein Restaurant und einen winzigen Fußballplatz für Kinder. Vor allem aber ist es super schön hier", schwärmt er. Das wissen vor allem auch andere Einheimische zu schätzen. Touristen gibt es hier kaum. Im Sommer sitzt er dort auch gerne in einem der Liegestühle am Wasser und genießt einfach nur die Sonne.
Helvetia. Begeistert berichtet Amend mir von dem "besten Käsefondue Berlins", das hier serviert wird und das stets mit einem Haselnusslikör enden sollte. "Der schmeckt auch den Frauen und duftet wie Nutella." Dass es das beste Fondue der Stadt ist, dafür legt er seine Hand ins Feuer. Das Interieur ist nichts besonderes, aber das deftige Essen – es gibt auch viele weitere bodenständige Klassiker der Schweizer Küche – ist wirklich spitze. Es gibt sogar Schweizer Vollmond Bier, das angeblich nur bei Vollmond gebraut wird. "Ob’s stimmt..."
Shakespeare and Sons. "Wenn ich ein Buch auf Englisch suche, gehe ich nur hierher." Es gibt ein integriertes Café mit leckeren Bagels und einem großen Fenster zur Straße hin, durch das man die Leute beobachten kann. "Super geeignet auch für ein Nachmittagsdate", schmunzelt er. "Man hat sofort ein Gesprächsthema". Allein lässt er sich gerne von den schönen Buchcovern inspirieren, die bei amerikanischen Titeln, seiner Meinung nach, oft viel schöner gestaltet sind als bei deutschen. "Die geben mir ernsthaft ein gutes Gefühl. Ich mag es, wenn Menschen sich Gedanken machen und etwas Schönes dabei herauskommt."
Barcomi‘s. "Nach wie vor der beste Laden für Kuchen und Frühstück, wenn man in Mitte unterwegs ist", konstatiert Amend. Bevor er nach Berlin gezogen ist, war er immer, wenn er zu Besuch war, zum Frühstücken hier. Heute geht er gerne nachmittags, wenn er mit Besuch am Hackeschen Markt unterwegs ist, für ein Stück Kuchen bei Cynthia Barcomi vorbei. Er ist eigentlich kein so großer Fan von Süßem, aber hier macht er eine Ausnahme. Seine Favoriten sind dann stets der "sensationell gute" Apfel-Cranberry-Crumble und der Devil’s Food Cake mit dreifach Schokolade, bei dem man eigentlich bereits nach dem ersten Bissen satt ist. Aber auch bei den belegten Bagels kommt er nach wie vor ins Schwärmen: "Mein Lieblingsbagel war immer der mit Frischkäse und Lachs. So gut!"
La Soupe Populaire by Tim Raue. "Wie das von einem Künstler gestaltete Fabrikgebäude in Brooklyn mutet dieses Restaurant an", beschreibt Amend begeistert. "Ein wirklich einzigartiges Ambiente. Schon allein der Weg durch die Gänge nach hinten durch ist genial. Wie der Weg in einen Club. Es ist wie in eine andere Welt einzutauchen", schwärmt er. "An den Wänden unbezahlbare, großflächige Kunst, die man so nie an den eigenen Wänden haben wird." Dazu serviert Tim Raue Klassiker der deutschen Küche auf Sterneniveau. Und das obendrein zu einem erschwinglichen Preis. "Eine rundherum besondere Location, die man so 1:1 nirgends wiederfindet."