Dienstag bis Samstag 15-0 Uhr
Kurpfalz Weinstuben
Wilmersdorfer Str. 93
10629 Berlin-Charlottenburg
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Das muss man den Kurpfalz Weinstuben lassen, hier kommt wirklich keinen Moment ein Zweifel daran auf, was hier im Mittelpunkt steht: wunderbarer Rebensaft. Rund 50 offene Positionen finden sich auf der Schoppenkarte, überall erinnern leere Standard- und Magnumflaschen an vergangene Gelage, Feste und weinselige Abende. Das gemütlich-urige Restaurant unweit des Ku'Damms ist sogar von einem großen Weinlager komplett unterkellert.
Erwartungsgemäß findet sich auf der Schoppenkarte eine schöne Auswahl an Rieslingen, die uns an diesem Abend beglücken werden, dazu andere Weiße, ein paar Rote, allesamt aus Rheinhessen, von der Mosel, aus Franken und natürlich der Pfalz. Sogar ein paar Naturweine haben es auf die üppige offene Weinkarte geschafft, wenngleich der Fokus ohne Frage auf der traditionelleren Seite liegt.
Bei so viel Pfälzer Gastlichkeit und Schmackhaftigkeit verwundert es wenig, dass es die Kurpfalz Weinstuben bereits seit langer Zeit in dieser Berliner Ecke gibt: 1935 gründeten Bruno und Anne Müller das Traditionshaus und führten es bis 1975 weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog das Lokal in den Hinterhof in eine Privatwohnung, was die verwinkelte Architektur erklärt. Das trägt zur heimeligen Atmosphäre einer Pfälzer Gaststube höchstens noch bei, was damals wohl auch schon vielen großen Namen wie Hans Albers, Hildegard Knef, Curd Jürgens und Harald Juhnke gefiel.
1975 übernahm der Hamburger Gastronom Rainer P. S. Schulz die Leitung, bis er die Kurpfalz Weinstuben 2015 an Vincenzo Berényi, seines Zeichens gelernter Sommelier und Vollblut-Gastwirt, weitergab. Seit 2016 unterstützt ihn dort der erfahrene Küchenchef Sebastian Schmidt. Unbedingt erwähnt sei hier zudem die bezaubernde, wunderbar lauschige Terrasse, die im Sommer zuverlässig darüber hinwegtäuscht, dass man sich unweit des Adenauer Platzes und nicht in einem beschaulichen Pfälzer Dorf befindet.
Der Riesling also, der hat es uns heute Abend mächtig angetan und so begeben wir uns in die wissenden Hände des äußerst patenten und reizenden Services: Wir starten mit dem Ürziger Würzgarten vom Weingut Erbes an der Mosel, weiter geht es mit dem Rüdesheim Estate Riesling aus dem Rheingau, bis wir uns mit einem Riesling vom Deidesheimer Herrgottsacker (ach, dieser Name!) endlich auch önologisch in die Pfalz begeben.
Dazu laben wir uns an traditionelleren und auch an moderneren Gerichten, denn das beherrscht die Küche der Kurpfalz Weinstuben gut: Traditionelles trifft auf Moderne, bodenständige deutsche Küche wird hier neu interpretiert. Die Karte wartet also mit einigen schönen Schmankerln zum Glas Wein auf, dazu gibt es Pfälzer Klassiker sowie ein wechselndes Menü, das sich durchaus up-to-date zeigt.
Wir entscheiden uns für eine Winzer Vesper mit hausgemacher Wurst vom Bauern Fink, leckerem Essiggemüse, Meerrettich und Landbrot, dazu ein halbes Dutzend Weinbergschnecken (schlicht perfekt zum Gläschen Wein!). Ceviche von Jakobsmuschel und Mahi Mahi dagegen, mit Maissalat und Polenta-Sepia-Creme serviert, liest sich nicht nur modern, es sieht toll aus und schmeckt auch so. Uns überzeugt insbesondere die hohe Fischqualität. Die Weine schmecken zu allem wunderbar.
Nach einiger Wartezeit, die wir zum Weinverkosten ausnutzen, erreicht uns ein weiterer Klassiker: Pfälzer Blatt mit Bratwurst, Leber und natürlich dem Must: Saumagen. Den folgenden Namen schnappt man hier dann auch häufiger auf und vielleicht muss man dieses Klischee einfach etwas bemühen: Helmut Kohl wäre stolz. Wenngleich die Bratwurst für unseren Geschmack etwas trocken ist, machen das der locker fluffige Leberknödel sowie der köstliche Saumagen wieder wett. Dazu wird traditionelles Rieslingkraut und Kapü gereicht.
Ein wunderbares, etwas kräuteriges Tröpfchen, na was wohl, Riesling dazu. Ja, das gefällt. Und so ist man doch ein wenig verwundert, wenn man weinselig und zu später Stunde seinen Weg nach draußen sucht und plötzlich fast am Ku'damm und nicht inmitten eines Pfälzer Weinbergs steht.