Die Farbgestalterin Ina Sanden besucht mich zu einer Farbberatung in meinem neuen Zuhause. Es dauert eine Weile, bis sie die Wohnung im zweiten Stock eines Berliner Altbaus erreicht, denn sie hat einen schweren Koffer voll mit Farbmustern und Farbfächern dabei.
Zart, mit leuchten, offenen Augen sitzt sie mir nun gegenüber. Einige Muster mit pastellfarbenen Lehm- und Farbmustern sind bereits am Boden ausgebreitet und machen Lust auf mehr. Schon als Kind hätten sie Farben und Pinsel magisch angezogen, erzählt mir die 45-jährige Berlinerin.
Nach dem Studium der "Farb- und Oberflächengestaltung" an der Fachschule für Werbung und Gestaltung in Potsdam absolvierte sie weiterführende Kurse an der Fachhochschule Potsdam mit Abschluß Dipl.-Designerin.
Nach einem Jahr Mitarbeit in einem Stadtplanungsbüro begann sie freiberuflich zu arbeiten, kooperierte mit Restauratoren und widmete sich dem Thema Farb- und Raumgestaltung, das zur damaligen Zeit, mitten in den 90ern, im Grunde kaum jemanden interessierte.
So lag ihr Schwerpunkt zunächst weiter in der Restaurierung von Architekturoberflächen und Wandmalereien in Kirchen, Institutionen, Museen oder privaten Bauten. Mit dem Restaurator Michael König rekonstruierte sie für den Künstler Olafur Eliasson aber nicht nur historische, sondern führte ebenfalls modern interpretierte Wandmalereien aus.
Parallel setzt sie bis heute auch kleine Kundenaufträge, nicht weniger hingebungsvoll um. Ihre Leistungen innerhalb der Farb- und Raumgestaltung reichen dabei von der "einfachen" Beratung zur Wahl von Wandfarben bis hin zur umfassenden Einrichtungsberatung inklusive Auswahl von Materialien, Mobiliar und Licht. Sogar bei der optimalen Rahmung und Hängung von Kunst steht sie versiert zur Seite.
Insbesondere was Farbe anbelangt, bräuchten Menschen oftmals viel Zeit. Das Thema bringe nicht selten unerwartete Emotionen hoch und es erfordere viel Fingerspitzengefühl, Menschen im Prozess der Farbfindung zu begleiten. Gleichzeitig, so Ina Sanden, seien auch die Ideen und Farbwelten der Kunden immer wieder eine Bereicherung für sie selbst.
Es sei wirklich erstaunlich, was ein "einfacher" Anstrich ausmache. Farbe könne Menschen zusammenbringen, die Kommunikation erleichtern oder auch Distanzen wahren. Sie kann den Menschen in Ihrer Wirkung sowohl nach Außen als auch nach Innen unterstützen, wobei die Privaträume einer Person in der Regel ganz anderer Farben als beispielsweise ein Büro, Geschäfte oder eine Praxis bedürfen.
Die Grundlage ihrer Beratung sei ein sich einfühlen in Ort und Mensch, um wahrzunehmen, was es brauche, damit sich die Kunden später rundum wohl fühlten in ihren Räumen. Dabei komme Ihr nicht zu Letzt auch eine Zusatzausbildung zur Perzeptiven Pädagogin zu Hilfe
Ohne Ruhe gehe es daher nicht, wenn man sich ein langfristig beglückendes Ergebnis wünsche. Und sie erzählt von einzelnen Projekten, bei denen mal mehr, oft aber auch weniger Farbe das Raumgefühl unterstreichen. Wichtig sei die Stimmigkeit der Nuancen, denn sie seien es, die in Raum und Mensch etwas zum Klingen brächten.
"Die Farbe wird förmlich zum Passepartout eines Raumes und kann insbesondere beim Lenken der Blicke auf Bilder oder gewünschte Bereiche wahre Wunder bewirken", schwärmt sie. – Ina Sandens Begeisterung ist ansteckend. Wir vertiefen uns in Farbkarten und Kataloge voll mit Mustern von Kreide- und Mineralfarben, von Putzen und Anstrichen.
Mittlerweile würde ich ihr blind vertrauen so sehr überzeugen mich ihre Empfehlungen, als sie mir zu guter Letzt noch ihre persönliche Philosophie beim Einichten verrät. Sie entstamme dem "Wabi-Sabi", einer Komponente der japanischen Ästhetik und laute: "Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie." – Und das bringt ihre Arbeit wohl perfekt auf den Punkt!