Mittwoch bis Samstag 18.30-23 Uhr
Hallmann und Klee
Böhmische Straße 13
12055 Berlin-Neukölln
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Eins vorweg: Die heißgeliebten, beinah legendären Pancakes werden im Hallmann & Klee in Neukölln leider nicht mehr serviert. Statt auf Frühstück und Brunch legen Sarah Hallmann und Küchenchefin Rosa Beutelspacher den Fokus am Böhmischen Platz nun auf ausgeklügeltes Fine Dining am Abend – ohne dass die Küche deshalb an regionaler Raffinesse verlieren würde.
Im April 2016 eröffnete das puristisch-urbane Restaurant unweit der Sonnenallee, damals noch als Brunch-Mekka. Seitdem hat sich vieles getan. Verbunden sind beide Frauen auch durch ihre kulinarischen Wurzeln im Facil. Aus der offenen Küche des Hallmann & Klee kommt „ehrliche gute Küche“. Viele Produkte werden regional bezogen, aber ohne Dogmen: „Wir haben einfach Spaß in der Küche, mit guten Produkten – und alles kommt immer von Herzen“, wird uns erklärt.
Sprich: Auf den weiß eingedeckten Tisch (eine willkommene Abwechslung bei immer mehr nackigen Tischen in den Restaurants der Hauptstadt) kommt, was schmeckt und das kulinarische Herz erfreut. „Und wir lieben Butter!“, setzt Sommelière Patricia Lee hinzu.
Und so verzaubert uns auch eines unserer Lieblingsgerichte des Abends, das ganz offenbar ebenso von Herzen kommt... und mit jeder Menge Butter! Das Kartoffelpüree ist mit nichts weiter als einem Molkenschaum und qietschgrüner Liebstöckelbrühe angerichtet. Mehr braucht es auch kaum, um uns sehr, sehr glücklich zu machen.
Schlicht und köstlich – so ließe sich die Küche des Hallmann & Klee durchaus zusammenfassen: Bloß hat sie dann doch noch einiges mehr zu bieten. Die Pici etwa, handgerollte Nudel, werden in Parmesandashi mit Yuzu, Spinat und Nori gekocht. Hier demonstriert sich die weltgewandte Vielfalt der Küche in Zubereitung und Produkten.
Butter, Yuzu und Nori sind eine Liaison eingegangen, die dazu verleitet, auch den allerletzten Rest der Sauce mit dem Finger vom Teller zu putzen, um sich ja nichts davon entgehen zu lassen. Die handgerollten Nudeln haben genau den richtigen Biss, das ist äußerst befriedigend und sorgt für Behaglichkeit. Mag dieser Gang auch unspektakulär aussehen, geschmacklich hat er es richtig in sich.
Regelrecht überbordend dekadent und gleichzeitig leicht und delikat wirkt dagegen der Carabinero. Auch hier sorgen Butter mitsamt des Carabinerokopfes, Tomate und Ingwerblüten für viel Aroma, Champagnerschaum komplettiert diesen luxuriösen Gang, „weil wir Champagner lieben!", erklärt Patricia. Und auch uns gefallen Champagner und dieser feine Gang über alle Maßen.
Was uns ebenso imponiert ist neben der feinen Auswahl an Weinen zu der eleganten, überraschenden und wohlschmeckenden Küche die hervorragende, kreative alkoholfreie Getränkebegleitung aus Patricias Händen. So genießen wir zu gegrillten und frischen Champignons mit verbrannter Sahne und Senf einen köstlichen Drink aus Apfel, Shiso, Molke und Petersilienöl dessen fein ausbalanciertes Süße-Säure-Spiel den Teller köstlich umspielt.
Auch der erste und letzte Rotwein der Weinbegleitung fügt sich, leicht und hell im Glas, wunderbar zum Damwild in Zitronenöl, Sellerie, Radicchio und der tiefen und intensiven Jus aus Hühnerfond. Dazu schlürfen wir hier einen besonderen Tropfen: Fabio Gea lagert seinen Piemontesischen Back Grin (wir kosten den 2020er) in selbstgefertigten Porzellaneiern – wir stutzen kurz, hat Patricia gerade Porzellaneier gesagt? Ja, ganz recht!
Und so weiß das Hallmann & Klee nicht nur mit wohligen Leckerbissen zu überzeugen, sondern immer wieder auch kleine Momente der Überraschung und des Erstaunens elegant einzuweben. Wie das Orangenpopsicle im Miniaturformat mit Knallbrause oder die Steinpilz und Trüffel, die im tiefschokoladigen Mousse für gelungene Umaminoten sorgen.
Dazu stimmen Ambiente mit viel Holz, sanfter Beleuchtung und weißen Tischdecken, die einen schönen Kontrast zu den graffitibunten Wänden Neuköllns abgeben. Abgerundet wird ein durch und durch gelungener Abend durch den überaus zugewandten und kompetenten Service, der sein Handwerk nicht nur am Tisch, sondern auch am Tresen versteht. All das kann beinah auch über die Pancakes hinwegtrösten...
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