Dienstag bis Freitag 12 bis 22 Uhr
Samstag 16 bis 22 Uhr
Sonntag & Montag geschlossen
Ostern:
Karfreitag 12-22 Uhr, Ostersamstag und -Sonntag 16–22 Uhr, Ostermontag geschlossen
Brasserie am Gendarmenmarkt
Taubenstraße 30
10117 Berlin-Mitte
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Schon länger wünsche ich mir eine Gastrorubrik der vergessenen Lieblingsrestaurants, der kulinarischen Kleinode mit immerwährendem Comfort Food, die, warum auch immer, aus dem eigenen Fokus verschwunden sind. Beginnen wir doch mit einer solchen Wiederentdeckung, die auch meine frankophile Seele (und den dazugehörigen Magen) befriedigt: die Brasserie am Gendarmenmarkt.
Beginnen wir präzise: Sie befindet sich um die Ecke des wunderschönen Platzes in der Taubenstraße. Dann jedoch nicht zu übersehen, wenn die dort breite Bürgersteigterrasse mit Korbstühlen bestückt ist und Buchsbäumchen einen hübschen Terrasseabschluss schaffen. Gefühlt gibt es die Brasserie am Gendarmenmarkt seit Jahrzehnten – im Sommer 1999 wurde sie eröffnet. 24 Jahre sind es inzwischen, nächstes Jahr dann ein Vierteljahrhundert – was Beständigkeit und Qualität voraussetzt.
Die nüchterne Gebäudefassade, Farbtupfer ist die grüne Markise, verrät nichts über das Innere, über die Interieur-Zeitreise ins Art-déco. Dielenboden, rote Sitzbänke, rote Sesselstühle, riesige Wandspiegel, üppige Bronzefiguren und – was der Brasserie endgültig ihren eigenen Charme – verleiht, großformatige Kunstwerke mit Restaurantszenen im Stil der Art-decó-Malerin Tamara de Lempicka.
Sitznischen und Raumteiler definieren das Layout des an sich großen Gastraums als gemütliches wie offenes Ganzes. Viel Licht bis hin zu den bronzenen Tischlampen sorgt, ein Widerspruch, aber wahr, für die passende behagliche Stimmung. Die im Lockdown noch einmal nachjustiert wurde. Die Brasserie-Gründer Rüdiger Gawlitta und André Nissen haben die Zeit für eine Modernisierung genutzt, ohne die „Patina“ anzugreifen.
Brasserien sind in Frankreich Alltagsrestaurants mit einer anständigen Küche. Vielleicht auch als Gesellschaftslokal zu definieren, ein Ort für alle (Genuss-)Menschen, der sich unaufgeregt zeigt und damit Raum für die Gäste gibt. Was für eine entspannte Stimmung sorgt und spätestens beim am Tisch eingeschenkten Crémant, den Alltag gänzlich aus dem Bewusstsein verschwinden lässt.
Die Küche ist, klar, französisch aufgestellt, lässt aber auch ein paar internationale Gerichte zu wie ein Wiener Schnitzel und einen Caesar Salad. Für mich jedoch braucht eine Brasserie nur aus dem heimatlichen Rezeptfundus zu schöpfen, der gleichermaßen klassisch wie modern ist, und die Wahl wird zur wunderbaren Qual.
Escargot, Weinbergschnecken in Kräuterbutter, wunderbar. Die Boudin noir, die Blutwurst, die man, wie es die Brasserie Gendarmenmarkt genau richtig macht, beim „Berliner Blutwurstritter“ Marcus Benser kauft, mit Kartoffelpüree und Apfel-Cassis-Chutney serviert. Oder die Crevetten, die gebratenen Riesengarnelen mit Aioli, die mich nach Südfrankreich verschlagen.
Was mit der Bouillabaisse als Hauptgericht noch vertieft werden könnte, aber das kulinarische Herz schlägt an diesem Abend für etwas anderes. Doch auch diese Entscheidung wird einem nicht leicht gemacht. Ganz bodenständig eine Tarte Flambée, einen Flammkuchen mit Crème frâiche, Speck, Lauch und Käse (13,90 Euro)? Oder den Brasserie-Klassiker schlechthin, Steak Frites, als Kür gar in Form eines Chateaubriands für zwei Personen (89 Euro)?
Gut, wenn die Begleitung sich für Steak frites (27,50 Euro) entscheidet (theoretisch). Es gibt ein extra Steakmesser, das sich so sanft durch das auf den Punkt exakt medium rar gegarte und zarte Premiumfleisch schneidet (praktisch), dass ich leider nichts zum Kosten ergattere. Dazu die Pommes, heiß, kross, nicht zu fettig – auch das nur Hörensagen meines Gegenübers.
Doch auch meine Wahl, serviert von einem sehr freundlichen, sehr flinken Service, trägt den kulinarischen Stempel Soulfood, Essen für die Seele. Das Steak Tartare aus fein gewürfeltem Rind mit Kapern und Wachtelspiegelei (25-27,50 Euro) ist Glück auf dem Teller. Was ebenfalls gefällt. Man kann eine kleine oder große Portion wählen, 100 oder 150 Gramm Rind und statt geröstetem Bauernbrot ebenfalls Pommes frites als Beilage bekommen.
So genießt man ein von der Brasserie kreiertes Geschwisterchen des Steak frites und freut sich schon auf den Sommer auf beiden Terrassen – ein Kleinod ist auch die begrünte Hofterrasse. Der Wein dazu mag dann vielleicht kein offener roter Roy Charles aus dem Bordeaux sein, sondern ein weißer Tropfen aus Frankreich, Deutschland oder Italien (rund 60 Flaschenweine), etwa ein Chateau Grand Jean, ein unkomplizierter Entre deux Mers ebenfalls aus dem Bordeaux.
Vielleicht ist dann auch noch Platz für ein Dessert – ein Sorbet, eine Crème brûlee, eine Mousse au Chocolat und anschließen noch den Magen schließenden Käse. Möglicherweise aber werden die Gerichte dieses Abends einfach noch einmal al fresco genossen.
Da jetzt jedoch erst einmal Ostern vor der Tür steht, ein Blick auf das Ostermenü der Brasserie Gendarmenmarkt: Bärlauchcreme und Lachs-Praline, gefolgt von Atlantik-Seeteufelfilet und Felsenoktopus auf Tarte Tatin oder Osterlammkarree unter Aprikosenknusper und als Finale Rhabarber-Trifle (69,90 Euro).